VGT deckt Verstöße auf

98 Stunden Hölle: Tiertransport bis in die Türkei

Tierecke
29.08.2024 10:00

Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) deckte einmal mehr einen Tiertransporte-Skandal in Österreich auf: Ein Team verfolgte zwei Lkw aus Niederösterreich mit schwangeren Kalbinnen, deren Zielort die Türkei war. Die Liste der Gesetzesverstöße ist lang – leidtragend sind wie immer die Tiere.

Ein VGT-Recherche-Team nahm Mitte Juni die Verfolgung zweier Tiertransporter auf, die jeweils etwa 30 schwangere Kalbinnen geladen hatten. Diese Bezeichnung wird für Kühe verwendet, die noch nie Nachwuchs zur Welt gebracht haben. Die meisten der Tiere wurden von Niederösterreich über 2500 Kilometer in die Türkei gebracht, genauer nach Kayseri. Bei den Fahrten handelte sich um sogenannte Zuchtrinder-Exporte der Rasse Fleckvieh.

Als Sinn dieser Exporte gilt der Herdenaufbau von Milchkühen in der Türkei. „Dass dieser tatsächlich stattfindet, bezweifeln wir. Dagegen sprechen unter anderem die hohe Anzahl an europäischen Zuchtrindern, die seit Jahrzehnten in die Türkei importiert werden. Nach so langer Zeit müssten sich längst Milchherden etabliert haben“ sagt Isabell Eckl vom VGT. Zudem stünden klimatische und standortbezogene Faktoren gerade in der Region um Kayseri einem erfolgreichen Herdenaufbau im Weg: Das Klima ist heiß und trocken, die Landschaft karg, das Futterangebot mau.

Die Tierschützer verfolgten den Tiertransporter bis in die Türkei. (Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)
Die Tierschützer verfolgten den Tiertransporter bis in die Türkei.

Von Melk in die Türkei: 98 Stunden Tierqual
Der Transport war insgesamt vier Tage vom Bezirk Melk bis nach Kayseri in der Türkei unterwegs. Die Route führte über Ungarn, Rumänien und Bulgarien bis in die Türkei. Insgesamt wurden 36 Stunden Pause im Wartestall in Svilengrad, Bulgarien eingelegt, zusätzlich gab es noch einmal acht Stunden Wartezeit an der EU-Außengrenze Kapitan Andreevo – Kapikule. Von 98 Fahrstunden verbrachten die Kalbinnen etwa 59 Stunden am Lkw, 23 davon ohne nennenswerte Bewegung.

Der VGT konnte bei seiner Recherche zahlreiche Gesetzesverstöße protokollieren, wie Isabell Eckl berichtet: „Es gab keinen Drei-Fahrer:innen-Betrieb wie vorgeschrieben, zudem wurde der Transport durch unzulässige Schlaf- und Essenspausen verzögert. Auch die höchstzulässigen Innenraumtemperaturen wurden überschritten.“ Doch damit nicht genug: Ruhezeiten seien nicht eingehalten, eine ordnungsgemäße Versorgung mit Futter und Wasser nicht durchgeführt worden.

Am Ziel angekommen, haben die Tiere eine wahre Odyssee hinter sich. (Bild: VGT)
Am Ziel angekommen, haben die Tiere eine wahre Odyssee hinter sich.

Vierbeiner mit Mistgabel malträtiert
Die Aktivisten beobachteten zudem Schläge und den Einsatz von Mistgabel bei Verladevorgängen. Isabell Eckl: „Die verantwortliche Exportfirma wird bei der BH Melk angezeigt.“ Ob Konsequenzen folgen, wird sich zeigen – der Handel mit lebenden Tieren ist ein bedeutender Markt, hinter dem viel Geld steckt und der dementsprechend eine große Lobby hat. Innerhalb der EU belief sich dessen Wert laut Europaparlament 2018 auf 11,6 Milliarden Euro.

Im Jahr 2023 wurden laut der Rinderzucht Austria 29.186 Zuchtrinder exportiert, davon 32 Prozent in den vorder- und zentralasiatischen Raum. Laut Eurostat wurden letztes Jahr 8.914 Zuchtkalbinnen aus Österreich in die Türkei exportiert, aus dem gesamten EU-Raum waren es 87.424. Ab der EU-Außengrenze gibt es keine Kontrolle mehr, und die Tiere sind einem ungewissen Schicksal ausgesetzt. „Es ist ein Armutszeugnis für die EU – dass wir nach wie vor Tiertransporte oder vor allem Schiffstransporte zulassen. Wie viele Tiere müssen noch elendiglich zugrunde gehen – bevor hier endlich ein Umdenken stattfindet“, sagt „Krone“-Tierexpertin Maggie Entenfellner dazu.

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