Nico Langmann

„Wir sind plötzlich sichtbar und im Mittelpunkt“

Tennis
29.08.2024 15:00

Aller guten Dinge sind drei: Tennisspieler Nico Langmann ist nach Rio und Tokio zum dritten Mal bei Paralympischen Spielen dabei, geht auf seinen ersten Sieg los. Der Wiener sprach vor seinem Auftakt am Freitag über das geschichtsträchtige Roland Garros, die Bedeutung von Paralympics und Dominic Thiem.

Die „Krone“ berichtet aus Paris

Die Augen funkelten, das Lächeln bekam Nico Langmann nicht mehr aus seinem Gesicht – gemeinsam mit seinem Doppel-Partner Josef Riegler durfte der 27-Jährige Wiener zuletzt auf Court Philippe-Chatrier trainieren, dem Center Court in Roland Garros. „Ein unglaubliches Gefühl, damit geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Da fühlt man sich fast ein bisschen wie Dominic Thiem, wenn man auf den Court rollt.“

Der Ort, an dem schon so viel Tennisgeschichte geschrieben wurde, ist in den kommenden zehn Tagen die Heimat der Para-Athleten. „Die Kombination aus Paralympischen Spielen, im Herzen von Europa, an einem für das Tennis so geschichtsträchtigen Ort wie Roland Garros – das ist schon eine gewaltige Kombination, etwas, was ich so wahrscheinlich nie wieder erleben werden.“

Langmann mit Doppelpartner Josef Riegler am Court Philippe-Chatrier. (Bild: GEPA pictures)
Langmann mit Doppelpartner Josef Riegler am Court Philippe-Chatrier.

Zum dritten Mal nach Rio und Tokio ist Langmann, seit einem schweren Autounfall im Alter von zwei Jahren querschnittsgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen, bei Spielen dabei. Bei denen nicht nur der sportliche Wettkampf im Mittelpunkt steht, sondern auch, die Inklusion weiter voranzutreiben. „Es wird uns Athleten plötzlich Aufmerksamkeit geschenkt. Menschen, die von der Gesellschaft normalerweise etwas übersehen werden, sind plötzlich sichtbar und im Mittelpunkt. Das ist sehr schön – aber vielleicht sollte man diese Menschen nicht nur alle vier Jahre als vollwertige Gesellschaftsmitglieder behandeln“, regt Langmann an.

Vom Aussterben bedroht
Im Vorjahr hatte er ein Buch unter dem Titel „Wie man einen Traum aufgibt, um ein Leben zu gewinnen“ veröffentlicht, darin etwa beschrieben, wie seine Eltern alles dem Wunsch nach „Heilung“ unterordneten, ihn zu Gurus nach Indien, Russland oder Brasilien schickten. Ehe Langmann ab einem gewissen Punkt zur Erkenntnis kam: „Ich wollte nicht mehr Tag für Tag scheitern, sondern mein Leben genießen.“

Langmann genießt die mediale Präsenz in Paris. (Bild: GEPA/GEPA pictures)
Langmann genießt die mediale Präsenz in Paris.

Was er tat. Seit dem Alter von sieben Jahren spielt er Tennis, ist aktuell die Nummer 33 der Weltrangliste. Allen Widrigkeiten zum Trotz – denn im Rollstuhltennis gibt es nur zwei Klassifizierungs-Klassen, tritt er gegen viele an, die eine geringere körperliche Einschränkung haben, im Alltag oftmals sogar gehen können. In Paris sind 48 Spieler am Start – nur zwei weisen einen ähnlichen Grad der Behinderung auf, wie sie Langmann hat.„Tennisspieler wie ich sterben langsam aus“, nimmt er es mit Humor.

Er versucht, es mit Technik, Fitness und Spielwitz wettzumachen. Und in Paris seinen ersten Sieg auf paralympischer Bühne zu feiern. „Das Motto: „Dabei sein ist alles“ habe ich jetzt zweimal erlebt“, so Langmann, der in Rio und in Tokio je in Runde eins scheiterte. „Jetzt will ich unbedingt meinen ersten Sieg bei Spielen holen, darauf arbeite ich schon meine ganze Karriere hin.“

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Die Auslosung hätte sicher schlimmer kommen können. „Aber ich habe noch nie gegen ihn gespielt, weiß nicht so richtig, was mich erwartet. Ich habe auf Youtube seinen Namen eingegeben und es ist nur Tischtennis gekommen.“

Nico Langmann über seinen Auftaktgegner aus Südkorea

In Runde eins trifft er am Freitag (2. Spiel nach 12 Uhr) auf Court sieben auf den Südkoreaner Han Sung-bong. „Die Auslosung hätte sicher schlimmer kommen können“, meint Langmann. „Aber ich habe noch nie gegen ihn gespielt, weiß nicht so richtig, was mich erwartet. Er scheint eine gute Rückhand zu haben, ein enormer Fighter zu sein.“ Videoanalysen sind im Rollstuhltennis nicht so präsent. „Ich habe auf Youtube seinen Namen eingegeben und es ist nur Tischtennis gekommen“, lacht Langmann.

„Spiele aktuell mein bestes Tennis“
Die vergangenen Trainingstage seien jedenfalls sehr positiv verlaufen, der Optimismus ist groß: „Ich kann behaupten: Ich spiele aktuell das beste Tennis meines Lebens, spüre den Ball richtig gut.“ Seit vergangenen Freitag ist Langmann schon im Olympischen Dorf, saugte die Atmosphäre auf. Und erzählt: „Die Atmosphäre ist gewaltig, die Kartonbetten angenehm, das Essen solide.“ Einzig der Polster war ihm zu hart – also nahm er sich kurzerhand einen von der Anlage in Roland Garros mit.

Langmann mit seinem Trainer Oliver Hagenauer. (Bild: GEPA/GEPA pictures)
Langmann mit seinem Trainer Oliver Hagenauer.

Bauen kann der Wiener auf die Unterstützung aus der Heimat. Eltern, Bruder, Familie und zig Freunde – Langmann bringt eine große Fan-Abordnung nach Paris mit. „Das ist ein sehr großes Privileg. Ich habe 50 Karten gekauft, alle sind weg“, sagt er, ergänzt lachend: „Aber ich glaube, das liegt eher an Roland Garros als an mir - alle wollen die Anlage sehen.“

Thiem ist Freund und Vorbild
Letzten Rat wird sich Langmann vor der ersten Runde von Dominic Thiem holen – der in Paris ja jahrelang herausragend performte, zwei Mal das Endspiel erreichte. Die beiden sind gute Freunde, tauschen sich regelmäßig aus. Über das nahende Karriereende Thiems meint Langmann: „Ich habe das Gefühl, er hat damit seinen Frieden gefunden. Er hat alles versucht, über viele Jahre herausragendes Tennis gespielt und war über die letzten zehn Jahre neben David Alaba wohl einer der größten und beliebtesten Sportler in Österreich. Dominic ist für mich nicht nur ein Freund, sondern ein großes Vorbild.“

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