Ein Jahr lang hat der österreichische Autor und Dramatiker Thomas Köck Buch geführt über die politischen Eskalationen in Österreich und Deutschland. Entstanden ist das Buch „Chronik einer laufenden Entgleisung“, mit dem sowohl das Literaturhaus Graz als auch das Schauspielhaus die Saison eröffnen.
Mit dem fatalen Zahlendreher bei der Wahl des neuen SPÖ-Chefs am 5. Juni 2023 beginnen die täglichen Aufzeichnungen der politischen und sozialpolitischen Verfehlungen und Skandale in Österreich und Deutschland, die der Autor und Dramatiker Thomas Köck ein volles Jahr lang vorgenommen und nun in seinem Buch „Chronik einer laufenden Entgleisung“ veröffentlicht hat. Den Auftrag für dieses Tagebuch hat der gebürtige Oberösterreicher, der aktuell einer der meistgespielten deutschsprachigen Autoren an den heimischen Theatern ist, von den Schauspielhäusern in Graz und Wien erhalten, wo mit einer Dramatisierung des Textkonvoluts auch die heurige Saison eröffnet wird.
Der „herbertkomplex“ feiert Erfolge
Und es scheint nur folgerichtig, eine Analyse des alltäglichen Rechtsrucks, mit dem Taumeln der Sozialdemokratie, der ursprünglichen politischen Heimat des „einfachen Mannes“, zu erklären. Was darauf folgt, ist eine erschreckend dichte Abfolge der Skandale und Verfehlungen – sowohl auf der großen Bühne der Politik (von den Schmid-Chats bis zur Benko-Pleite), als auch im Alltag der „ganz normalen“ Menschen (von Femiziden bis zu verbalen Exzessen in Sozialen Medien). All das begünstigt den „herbertkomplex“, wie Köck den Rechtsruck der Wähler direkt in die Arme von Herbert Kickl umschreibt – und macht sie, in seinen Augen, auch taub und blind für die vielen Verfehlungen der FPÖ.
Richtig spannend wird dieses Buch jedoch dort, wo Köck seine bloßen Aufzeichnungen um historische und soziologische Erklärungsversuche erweitert und im Stile eines Didier Eribon die oft übersehene Klassen-Frage in den Diskurs um den Reiz der politischen Ränder einbringt.
Keine Lösungsversuche
Wirkliche Lösungsversuche freilich hat auch Köck nicht parat – und wenn, dann nur in sehr satirischem Ton: So wirft er etwa die Frage auf, ob Österreich unter UN-Sonderverwaltung gestellt werden sollte, „eine Art europäischen Nationalpark im Herzen Europas, in dem zwar Menschen leben, die aber einfach nicht mit sich allein gelassen werden dürfen“. Kurz kann man darüber lächeln, aber eigentlich ist dieses ganze Buch ein großer Ausdruck der Verzweiflung und Hilflosigkeit.
Unzählige Lesungen und Literaturveranstaltungen sind im heurigen Herbst in der ganzen Steiermark geplant – hier eine kleine Auswahl:
Mit einer Lesung aus diesem Buch eröffnet Thomas Köck am 7. September die Saison des Grazer Literaturhauses. Die Lesung findet im Schauspielhaus Graz statt, wo am 22. September auch die Dramatisierung des Textes seine Uraufführung feiert.
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