Das Geld für dringend notwendige Investitionen fehlt der oststeirischen Gemeinde Söchau, die Schulden sind erdrückend. Schon nächste Woche könnte die Fusion mit Fürstenfeld beschlossen werden. Die Stimmung ist positiv.
So viele Leute hab ich schon lang nicht mehr gesehen“, sagt eine Söchauerin und nimmt die Flasche Mineralwasser, die am Eingang an alle verteilt wird. Und wirklich, vom „zuagroasten“ Ehepaar bis hin zur Mutter mit zwei kleinen Kindern hat sich halb Söchau am Mittwoch im Kultursaal versammelt. Das Thema: Soll der Ort mit 1450 Einwohnern ein Teil von Fürstenfeld werden?
„Wir hören uns heute mal an, was gesagt wird“, sagen zwei Damen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, vorab zur „Steirerkrone“. Andere haben schon viel eindeutigere Meinungen. ÖVP-Bürgermeister Josef Kapper etwa, der – als einer von wenigen – für die Eigenständigkeit von Söchau kämpft. „Wir sind eine von 50 Gemeinden, die finanzielle Probleme hat. Die Zinsen und Tilgungsraten der 3,5 Millionen Euro Schulden können wir bezahlen. Aber wir können eben fast nichts investieren.“
Früher waren wir ein richtiger Touristenort, im Sommer war es voll. Wer bringt heute noch Geld hierher?
Eine Söchauerin
An diesem warmen Mittwochabend ist es ruhig in Söchau. Die zwei Gasthäuser haben geschlossen, ein Touristenpaar radelt mit dem E-Bike durch das Ortszentrum, man sieht einige Autos mit deutschem oder Wiener Kennzeichen. „Wir hatten einmal vier, fünf Gasthäuser“, sagt eine Frau aus Söchau. „Früher waren wir ein richtiger Touristenort, im Sommer war es voll. Wer bringt heute noch Geld hierher?“ Aber egal was passiere: „Wir bleiben trotzdem Söchauer.“
So wie Doris Wolkner-Steinberger und Werner Steinberger, die vor vier Jahren nach Söchau gezogen sind. „Wir wollen eigenständig bleiben“, sagen sie. „Und wir wollen wissen, wo diese ganzen Schulden herkommen.“
Wohnsitzgemeinde mit „vielen jungen Familien“
Für Franz Jost sind 3,5 Millionen Euro Schulden kein Problem. Der Bürgermeister von Fürstenfeld, ebenfalls ÖVP, ist die treibende Kraft hinter der Fusion und hält am Mittwoch eine Brandrede: „Es ergibt Sinn, dass wir unsere Kräfte bündeln. Mit einer Einwohnerzahl über 10.000 würden wir in einer anderen Liga spielen.“
Fast zehn Jahre liegt der Abschluss der steirischen Gemeindestrukturreform nun zurück.
Eine Liga, die nicht nur 1,3 Millionen Euro mehr an Ertragsanteilen und 250 bis 380 Euro weniger an Gebühren im Jahr für die Söchauer bedeuten würde, sondern auch überregionalen Einfluss. „Wir hätten genau ein Zehntel der Einwohner des Bezirks. Unsere – jetzige – Bezirksstadt Hartberg hat 6700“, sagt Jost provokant.
Außerdem verspricht er die Renovierung der Kirche, neue Straßen, die Finanzierung eines Kanalkatasters und eventuell eine neue Hauptwasserleitung, 95 Prozent Ausbau beim Breitbandinternet und dass das Freibad offen bleibt. Kurzum: „Eine Wohnsitzgemeinde für viele junge Familien!“
Altbürgermeisterin: „Glücksfall“
Die kritischen Fragen aus dem Publikum sind schnell ausgeräumt. Dafür gibt es Applaus für die positiven Meldungen. „Eine Fusion ist ein Glücksfall für Söchau“, sagt die ehemalige Bürgermeisterin Emmy Schrott.
Die Entscheidung treffen am 5. September die Gemeinderäte. Der Fürstenfelder Gemeinderat wird mit sehr hoher Sicherheit dafür stimmen, sagt Bürgermeister Jost. „Und in Söchau glaube ich, dass wir sogar eine Einstimmigkeit erreichen werden.“ Bürgermeister Kapper hat dort kein Stimmrecht.
Nach den Beschlüssen müsste das Land den Antrag prüfen, sagt Hans-Jörg Hörmann von der zuständigen Gemeindeabteilung. Per 1. Jänner 2025 würde dann das neue Fürstenfeld existieren. Bis zur Gemeinderatswahl am 23. März würde ein Regierungskommissär die Geschäfte führen – wahrscheinlich Franz Jost.
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