Nachbarland als Helfer

Afghanistan-Abschiebungen: Wer mit Taliban spricht

Politik
30.08.2024 20:00

Mit der Hilfe der Nachbarn aus Deutschland, aber auch von einem Nachbarland Afghanistans soll bald schon zwangsweise abgeschoben werden.

Gleich um 9 Uhr früh griff Innenminister Gerhard Karner am Freitag zum Hörer. Am anderen Ende der Leitung wartete die deutsche SPD-Innenministerin Nancy Faeser. Sie schilderte ihrem Amtskollegen die wichtigsten Details und Vorgänge rund um den Abschiebeflug nach Kabul. Gut möglich, dass in naher Zukunft mehrere dieser Abstimmungstelefonate zwischen beiden folgen werden.

Denn wie Innenminister Gerhard Karner gegenüber der „Krone“ klarstellt, wird auch Österreich in „enger Abstimmung“ mit den deutschen Nachbarn zwangsweise in Richtung Afghanistan abschieben.

Usbekistan verhandelt statt uns mit den Taliban
Mit dem dort regierenden Taliban-Regime sei es jedoch, wie ÖVP-Kanzler und Ex-Innenminister Karl Nehammer gestern festhielt, „ein Stück weit kompliziert“. Man müsse „Umwege suchen“, um Afghanen auch wieder zurück in ihr Land zu bringen. Eben dafür braucht es zunächst die Hilfe Deutschlands, vor allem die Hilfe von Nachbarländern Afghanistans.

„Ziel ist, dass wir gemeinsam, Deutschland und Österreich, Abschiebungen Richtung Afghanistan mit regionalen Partnern wieder durchführen“, erklärt Karner dazu offiziell. Bei diesen „regionalen Partnern“ soll es sich laut „Krone“-Informationen u. a. um Usbekistan handeln. Anstelle Österreichs sollen die Usbeken künftig mit dem Taliban-Regime über letzte Details zu den Ausweisungen verhandeln.

Finale Koordinierungen sind noch anberaumt, grundsätzliche Einigungen über den Deal wurden aber bereits erzielt, wie die „Krone“ erfuhr. Auch die Abschiebung des Mittäters im Fall Leonie, die „Krone“ berichtete, könnte dann wohl vollzogen werden – sobald er seine Strafe wegen Mord abgesessen hat.

Wann könnte der erste Flieger aus Wien in Richtung Usbekistan bzw. Kabul losfliegen? „So rasch wie möglich“, wenn es nach dem Minister geht. Auf eine konkretere Angabe wartet man offiziell vergeblich. Inoffiziell geht man in Verhandlerkreisen aber von ersten Abschiebungen im heurigen Jahr aus. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass – wie auch in Deutschland – Zwangsabgeschobene 1000 Euro Handgeld mit auf den Weg bekommen.

Kickl kritisiert: „Flieger ist bei uns längst überfällig“
Zu spät wäre das jedenfalls aus Sicht des FPÖ-Chefs Herbert Kickl. „Das Abheben der Abschiebeflieger nach Afghanistan ist auch bei uns schon längst überfällig und wird von der Bevölkerung erwartet“, erklärt er. Bei der ÖVP vermisse Kickl hingegen „jegliche Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit“, sie sperre sich in Wahrheit gegen Abschiebungen.

Die NEOS wunderten sich, warum Karner so spät Informationen aus Deutschland eingeholt habe. SPÖ und Grüne betonten, dass Abschiebungen nur durchgeführt werden sollen, wenn sie rechtlich möglich sind …

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