Legende sagt adieu

Unser „Krone-Charly“ auf seiner letzten Abendtour

„Krone-Charly“ auf seiner Abschiedstour: „Ich bedanke mich bei allen Kunden herzlichst!“

(Bild: Christian Schulter)

Unermüdlich drehte „Krone-Charly“ mit den heißesten News des Tages auf dem Arm und coolen Sprüchen auf den Lippen 57 Jahre lang seine Runden. Jetzt ging eine glorreiche Ära zu Ende. Freitagabend war der „Kolporteur der Herzen“ auf der allerletzten Tour.

„Alle lieben ,Charly’!“ So titelte die „Krone“ bereits im Juni 1988. Eine Doppelseite füllte die Reportage über Karl Marik, als er seinen 40. Geburtstag feierte. Schon damals hatte der stets gut gelaunte Kolporteur bei den Menschen mit Charme und Witz für Begeisterung gesorgt – und er konnte eine beachtliche Bilanz aufweisen. In 20 Jahren Arbeit hatte „Charly“ allein im Burgenland 280 Tonnen der „Kronen Zeitung“ verkauft. 1,7 Millionen Kilometer legte er mit 23 Autos beruflich zurück.

Neuen Rekord aufgestellt
„Ich kannte 40.000 Leute persönlich, 2000 davon habe ich mit dem Vornamen angesprochen“, erinnert sich „Krone-Charly“, so wie er von allen liebevoll genannt wurde. In den Olymp der Kolportage stieg der Tausendsassa auf, als er am Beginn seiner Laufbahn an einem einzigen Abend 1200 Exemplare verkauft hatte – Rekord!

Erschütternder Tod von Jochen Rindt
Überschattet wurde dieser Erfolg nur von der tragischen Schlagzeile nach dem Tod des Formel-1-Weltmeisters und mehrfachen Grand-Prix-Siegers Jochen Rindt beim Training zum Großen Preis von Italien in Monza am 5. September 1970. 1500 Stück der „Kronen Zeitung“ sind „Charly“ fast aus der Hand gerissen worden.

Wegen Moped hat alles begonnen
Im Alter von 16 fing für Karl Marik der Job als Zeitungsverkäufer an. Er wollte sich ein Moped leisten. Da blieb ihm neben der Lehre als Einzelhandelskaufmann nichts anderes übrig, sich als Kolporteur auf der Reichsbrücke in Wien das nötige Geld zu verdienen. Die Arbeit erledigte er aus Berufung. „Ich glaube, ohne Druckerschwärze könnte ich nicht mehr atmen“, sagte er später.

Die „Krone“ von morgen abends bei „Charly“ besorgen – diesen Spruch von Karl Marik kannte jeder.

(Bild: Christian Schulter)

Weniger Stationen als früher
Nach Eisenstadt und Umgebung hat es ihn verschlagen, weil er das Revier eines befreundeten Zeitungsverkäufers übernahm. Von 17 bis 23 Uhr war er jeden Tag auf Tour, an Wochenenden sogar bis 3 Uhr. „Die Kunden sind weniger geworden. Früher gab es allein in Eisenstadt 27 Heurigenwirte, die offen hatten, mittlerweile sind es nur noch ein paar“, so Karl Marik.

700 Tonnen Neuigkeiten in den Händen getragen
Am Freitag war „Krone-Charly“ noch einmal unterwegs. Bis zum Schluss hat er nichts von seinem humorvollen, geistreichen Charme eingebüßt. Wie in den Anfangsjahren zog er voller Elan und mit viel Schmäh seine letzte Runde.

Im Arm hielt er Zeitungen und Magazine, die „Krone“ stets obenauf, versteht sich. Mehr als 700 Tonnen Neuigkeiten aus aller Welt muss er wohl in all den Jahren schon ausgetragen und mehr als 4,5 Millionen Kilometer zurückgelegt haben.

Der „Krone“ in Wien hat Karl Marik vor ein paar Jahren einen Besuch abgestattet.

(Bild: Holl Reinhard/Reinhard Holl)

„Charly“ nimmt es mit Humor
Jetzt hängt „Charly“ mit 76 seine „Krone“-Kolporteursjacke endgültig an den Nagel. Was wird der Wiener mit Freundin in Eisenstadt in der neugewonnenen Zeit so treiben? „Ich werde halt mehr Tennis spielen“, verrät er mit einem verschmitzten Lächeln. Die „Krone“ sagt „Danke, ,Charly’ für Fleiß, Witz und Offenheit!“ Genieße den Ruhestand, wenn es so etwas für dich überhaupt gibt.