Angst vor Wolf bleibt

Ein erfolgreicher Alpsommer geht zu Ende

Vorarlberg
02.09.2024 08:35

40.000 Stück Vieh werden dieser Tage von 520 Alpen in den Bergen wieder zurück ins Tal getrieben – die rund 1000 Älpler können mit dieser Saison sehr zufrieden sein.  

40.000 Stück Vieh, 50.000 Hektar, 520 Alpen und 1000 Älpler: Das sind die wichtigsten Kennzahlen in Sachen Alpwirtschaft, die in Vorarlberg eine besondere Rolle spielt. Dieser Tage geht der Alpsommer zu Ende, die Tiere werden wieder zurück in die heimatlichen Höfe getrieben, wo sie den Winter verbringen werden. Rund ein Drittel aller Milchkühe in Vorarlberg können den Sommer auf der Alpe zubringen – eine Besonderheit, wie Josef Türtscher vom Vorarlberger Alpwirtschaftsverein betont.

Das Leben auf der Alpe ist nicht immer nur idyllisch, sondern auch beschwerlich und mitunter gefährlich – und produktiv: Hier wird unter anderem der Vorarlberger Alpkäse hergestellt. (Bild: Mathis Fotografie)
Das Leben auf der Alpe ist nicht immer nur idyllisch, sondern auch beschwerlich und mitunter gefährlich – und produktiv: Hier wird unter anderem der Vorarlberger Alpkäse hergestellt.
Ein Mitersteller des typischen Vorarlberger Alpkäses (Bild: Mathis Fotografie)
Ein Mitersteller des typischen Vorarlberger Alpkäses

Die Tradition der Drei-Phasen-Wirtschaft – also die Einteilung des landwirtschaftlichen Jahres in Zeiten am Hof, am Vorsäß und auf der Alpe – hat das Ländle geprägt, auch landschaftlich. „An der Alpwirtschaft hängt viel dran, etwa der Tourismus oder auch die Instandhaltung des Erholungsraumes für Einheimische“, erzählt Türtscher, der selbst Landwirt im Großen Walsertal ist. Denn die Tiere sind wahre Landschaftspfleger, ohne sie würden die Alpen langsam aber sicher zuwachsen, es käme zur sogenannten Verbuschung.

Die Landschaftspflege ist Teamarbeit. Die Rinder sorgen für das Abgrasen großer Flächen, sind also Spezialisten fürs Grobe, während Schafe und insbesondere Ziegen auch Futterreste verzehren, die von Kühen verschmäht werden. Zudem ist das Kleinvieh wendiger, leichter, trittsicherer und insgesamt besser für den alpinen Raum ausgestattet – die perfekten Rasenmäher im steilen Gelände. Auch Pferde, Esel und vereinzelt sogar Alpakas leisten einen Beitrag, um Wiesen und Alpen zu erhalten.

Früher gabs auch mal weiße Alpen
Die heurige Saison verlief zufriedenstellend, sagt Türtscher: „Zum Glück wurden wir von Extremwetterereignissen verschont. Früher war es keine Seltenheit, die Tiere wieder von der Alpe herunterzutreiben, weil plötzlich wieder Schnee lag“. Zwar war der Saisonstart ziemlich verregnet, was keine idealen Bedingungen für die Futterversorgung zulässt, das Gras hat sich dann aber rasch wieder ausgewachsen.

Der Vorarlberger Alpkäse ist ein Kassenschlager (Bild: Mathis Fotografie)
Der Vorarlberger Alpkäse ist ein Kassenschlager
Jedes Jahr wird der Alpkäse in Schwarzenberg verkostet und prämiert. (Bild: Alexandra_Serra)
Jedes Jahr wird der Alpkäse in Schwarzenberg verkostet und prämiert.

Eine Sache aber wirft von Saison zu Saison einen immer länger werdenden Schatten auf die Alpen: die Zunahme der Zusammentreffen zwischen Wolf und Nutztier. „Der Wolf ist tatsächlich die größte Sorge von uns Älplern. Jeder Riss ist zwar einer zu viel und mit Sorgen verbunden, aber heuer war die Zahl der Risse gar nicht so hoch. Doch was uns wirklich beunruhigt, sind die Risse von Großtieren.“ Türtscher befürchtet, dass mehr und mehr Bauern darauf verzichten könnten, ihre Kühe in die Berge zu lassen, aus Furcht vor Wolfsrissen. Zudem: Auch den Älplern und nicht zuletzt den überlebenden Tieren gehen die Besuche des Beutegreifers an die Nieren: „Die Herde wird unruhig, Tiere stürzen in Panik ab“, erklärt Türtscher. Deshalb ist für ihn ganz klar: „Nicht der Wolf ist in Gefahr, sondern die traditionelle Alpwirtschaft in Vorarlberg.“

Siedlungsraum ungeeignet für den Wolf
In diesem Zusammenhang verweist er auf die großen Wolfsbestände rund um Vorarlberg herum. „Wir reden ja nicht mehr von einem aussterbenden Tier. Bei uns ist der Raum zu dicht besiedelt, da hat der Wolf keinen Platz. Ich bin hoffnungsfroh, dass der absolute Schutzstatus auf europäischer Ebene revidiert wird“, sagt er.

Als jener Wolf, der heuer für mehrere Risse von Rindern sorgte, auf der Kanisfluh erlegt worden ist, hat sich eine gewisse Beruhigung unter den Älplern bemerkbar gemacht, aber „sicher ist man an keinem Tag“. Türtscher ist zudem überzeugt davon, dass der Wolf – sollte es keine regelmäßigen Abschüsse geben – die Scheu vor dem Menschen zunehmend verlieren würde. „Ich habe eine ganze Schar Enkel und will mir nicht vorstellen, dass Wölfe durchs Dorf schleichen wie die Füchse.“

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