Die Sozialdemokraten wollen Reiche stärker zur Kasse bitten. Doch im „Krone“-Check halten die Pläne kaum stand. Trifft sie wirklich nur Superreiche? Wie viele Milliarden bringt sie? Und zahlen Reiche hierzulande tatsächlich keine Steuern?
Zahlreiche User-Kommentare, Umfragen und Leserbriefe zeigen: Die Menschen sind gegen neue Abgaben und wünschen sich einen sparsameren und effizienteren Staat. „An den Einnahmen kann es nicht liegen“, schreibt etwa ein krone.at-User. Dennoch sind Politiker meist erfinderisch dabei, neue Einnahmen zu finden. Die „Krone“ hat sich die fünf größten Irrtümer rund um die Vermögenssteuer angesehen.
Wenn eine Vermögenssteuer tatsächlich nennenswerte Erträge bringen soll, wird sie auch den Mittelstand treffen müssen. Eine bloße Besteuerung der Superreichen wäre weder geeignet, den Staatshaushalt zu entlasten, noch würde sie strukturelle Vermögensungleichheiten bekämpfen und umverteilen, betont der IHS-Chef und Top-Ökonom Holger Bonin im „Krone“-Gespräch. „Es geht nicht um die 30 bis 40 Milliardäre.“ Dazu kommt: Während Superreiche ihr Vermögen leichter mobil machen können, fällt Personen aus dem Mittelstand eine Kapitalflucht schwer – der Großteil ihres Vermögens steckt in Immobilien, die unbeweglich sind. „Die Superreichen wären sicher nicht die, die diese Steuer tragen“, meint Bonin.
Befürworter einer Vermögenssteuer überschlagen sich mit großzügigen Schätzungen. Fakt ist: Fünf bis sechs Milliarden Euro sind zu hoch angesetzt. Das betont auch IHS-Chef Holger Bonin: „Fünf Milliarden wären rund ein Prozent des BIPs. Das ist die absolute Obergrenze, die jedoch in fast keinem Land erreicht wird.“ Dazu lohnt sich ein Blick ins Ausland: Frankreich hatte bis vor wenigen Jahren eine Vermögenssteuer. Damals brachte diese fünf Milliarden Euro. Allerdings hat Frankreich ein 7-mal so hohes BIP und 8-mal so viele Einwohner wie Österreich. Frankreich hat einen Millionärsanteil von 5,6 Prozent, Österreich hat 3,7 Prozent.
Frankreich hätte durch sein Modell ein Vielfaches der in Österreich geplanten Steuereinnahmen lukrieren müssen. Nicht zu vergessen sind die Verwaltungskosten. „Jährlich ist eine Bemessung des Vermögens nötig. Schätzungen gehen davon aus, dass 20 Prozent des Aufkommens einer Vermögenssteuer in die Verwaltung fließen.“
Befürworter argumentieren, dass eine Entlastung des Faktors Arbeit und eine Umverteilung nur möglich seien, wenn zugleich Reiche stärker besteuert werden. Doch das impliziert, dass Österreich ein Einnahmenproblem habe, welches mit neuen Steuern behoben werden müsste. Das Gegenteil ist aber der Fall: Es hakt bei den Ausgaben. Außerdem geben Babler und Co. ja an, was sie mit den Steuereinnahmen finanzieren wollen. Pflegekräfte, Kindergrundsicherung, höheres Arbeitslosengeld, Gratis-Öffis oder eine Senkung der Mehrwertsteuer. Wenn irgendwo Geld fehlt, folgt verlässlich der Ruf nach einer Reichensteuer. Doch wie jede Einnahme kann auch diese nur einmal ausgegeben werden und nicht für mehreres gleichzeitig als Gegenfinanzierung herhalten.
„Man hat den Eindruck, dass das Geld bereits fünfmal verplant ist. Eine Vermögenssteuer reicht sicher nicht, um all unsere Probleme zu lösen“, sagt Bonin. Für eine verteilungspolitische Wirkung ist zudem eine breitere Besteuerung nötig. Werden nur die paar obersten Prozent der Reichsten besteuert, kann man dadurch nicht effektiv umverteilen. „Wenn ich einem Multimilliardär eine Milliarde wegnehme, habe ich dadurch nicht viel weniger Ungleichheit“, so Bonin. Zudem kommt es sehr darauf an, was mit den Geldern geschieht. Die Reichen zu schröpfen, ändert per se nichts an Ungerechtigkeiten. Es kommt auf die Verwendung an.
Die Millionen und Milliarden der Reichen liegen nicht jederzeit verfügbar auf Girokonten oder Sparbüchern, sondern sie stecken in Vermögenswerten. Das sind zu einem großen Teil auch Betriebsvermögen. Bonin nennt ein Beispiel: „Wenn ein Vermögenswert eine Rendite von vier Prozent hat, und ich besteuere den ganzen Vermögenswert mit zwei Prozent, fällt dadurch die Hälfte der Rendite weg. Das wäre sozusagen wie eine 50-prozentige Kapitalertragssteuer.“
Insofern ist eine solche Substanzsteuer auch „Gift“ für neue Investitionen und schädlich für den Standort. Und gerade in der jetzigen Lage, wo viele Unternehmen in den roten Zahlen stecken, wäre eine Vermögenssteuer eine Belastung obendrauf, die schlussendlich sogar Betriebsvermögen wegfrisst. Denn mit welchen Gewinnen sollen die Steuern bezahlt werden?
Die oberen 20 Prozent der Einkommensbezieher zahlen knapp 80 Prozent der Steuern. Und auch an Gewinnausschüttungen verdient der Fiskus gut mit: Zuerst mit der KÖSt (23 Prozent) und bei einer Ausschüttung mit der KESt (27,5 Prozent), der Staat schnappt sich so rund 44 Prozent.
Was richtig ist, ist, dass in Österreich die Vermögenssubstanz weniger besteuert wird als in anderen Ländern. Das heißt aber nicht, dass Vermögenssteuern in Europa auf der Tagesordnung stehen. Nur Norwegen, Spanien und die Schweiz haben eine Steuer auf Nettovermögen. Grund ist vielmehr, dass die einzige echte Substanzsteuer bei uns die Grundsteuer ist, die seit den 1970er-Jahren mit denselben Einheitswerten berechnet wird. Anderswo sind Steuern auf Grundbesitz hingegen höher. Dort ist es aber auch leichter, sich über die Jahre ein Vermögen zu schaffen. Denn nicht überall behindern hohe Steuern auf Arbeit den Aufbau eines Vermögens so stark wie in Österreich.
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