Werden unsere Kinder zu schnell in die nächste Schulstufe gehoben? Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) kann sich vorstellen, die Volksschule von vier auf sechs Jahre zu verlängern. Der Druck in der vierten Klasse sei eine „unglaubliche Belastung“.
Derzeit würden Kinder zu früh in Gymnasium oder Mittelschule aufgeteilt, sagte er im „Wien heute“-Interview. „Wir müssen das Bildungssystem viel schneller verändern, damit die Kinder vorbereitet sind auf ein selbstbestimmtes, erfolgreiches Leben“, sagte Wiederkehr.
Längere Brücke als Erfolgsmittel?
Die Volksschule sei die Schulform, die „recht gut funktioniert und kinderorientiert ist“. Kinder würden viel zu früh in Gymnasium oder Mittelschule gedrängt werden.
Zwei zusätzliche Jahre in der Volksschule würden auch den Druck von den Schülerinnen und Schülern und Eltern nehmen, findet Wiederkehr. „Die vierte Klasse in der Volksschule ist eine unglaubliche Belastung für alle Beteiligten.“
Demokratieunterricht und Deutschförderung
Im Elementarbildungsbereich sprach sich Wiederkehr erneut für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr aus. Das sei auch gut für den Spracherwerb. Zahlen der Statistik Austria zeigen, dass etwa die Hälfte aller Wiener Schulkinder im Alltag nicht Deutsch sprechen. Wien würde mit Sprachförderung gegensteuern, sagte Wiederkehr.
Vom Bildungsministerium forderte der Stadtrat einen Chancenindex, damit sollen Schulen mit besonderen Herausforderungen mehr Mittel bekommen. Zudem soll es einen Demokratieunterricht für alle ab der Volksschule geben. „Je früher wir den Kindern beibringen, was hier die Werte sind: Gleichberechtigung von Mann und Frau oder dass ein religiöses Buch nie über dem Gesetz stehen darf, desto mehr ist machbar.“
Zahlen gehen nach oben
Das neue Schuljahr bringt erneut minimal mehr „Taferlklassler“ (Schulanfänger) und ein leichtes Plus bei den Gesamtschülerzahlen. 98.000 Volksschüler werden laut Schätzung der Statistik Austria ihren ersten Schultag erleben. Das sind 0,6 Prozent mehr als im vorigen Schuljahr.
Die Wiener Grünen haben am Dienstag davor gewarnt, dass sich das von ihnen geortete „Schulstart-Chaos“ des vergangenen Jahres in Wien auch heuer wiederholen wird. Denn vor allem an Volksschulen sei der Mangel an Lehrkräften „immer dramatischer“, zeigten sich Parteichefin Judith Pühringer und das Bildungssprecher-Duo Julia Malle und Felix Stadler in einer Pressekonferenz überzeugt. Sie forderten Maßnahmen, um den Beruf attraktiver zu machen – also etwa höhere Gehälter.
Grüne für „durchmischte“ Klassen
Beklagt wurde auch, dass Wiens Schulen immer segregierter würden. Eltern würden alles versuchen, damit ihr Kind einen Platz in der Wunschschule bekomme. Dies sei verständlich. Allerdings seien jene Eltern, die das System kennen, die Sprache sprechen und Kontakte haben, klar im Vorteil gegenüber jenen, die dieses Wissen nicht hätten, meinten die Grünen. Das führt dazu, dass in manchen Volksschulklassen kaum ein Kind Deutsch als Erstsprache spreche. Kindergärten und Schulen müssten aber sozial und ökonomisch durchmischt sein.
Die Grünen fordern darum, die Schulwahl durch sozio-ökonomische Kriterien zu erweitern. Eltern sollten in Zukunft fünf Wunschschulen angeben können. Die endgültige Zuteilung erfolge zentral nach den Kriterien Wohnortnähe, Geschwister, Erstsprache und Bildungsgrad der Eltern. Eine bessere Durchmischung vor Ort solle dadurch erreicht werden. Gefordert wurde auch der Ausbau der Sprach- und Deutschförderung im Kindergarten.
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