Ersticken droht

Schluckstörungen: Stille, mitunter tödliche Gefahr

Gesund
06.09.2024 06:00

Als junger Mensch denkt man kaum darüber nach, dass Schlucken ein komplizierter Vorgang sein könnte. Man tut es einfach. Im Alter treten dann jedoch immer häufiger Schluckstörungen auf. Wo die Gefahren liegen und welche Therapien helfen können.

Wir tun es etwa 1000 Mal täglich ohne darüber nachzudenken: Schlucken. Im Laufe der Jahrzehnte ist dieser an sich hoch komplizierte Ablauf aber anfällig für Fehler. Dann spricht man von Dysphagie (Schluckstörung). Fast jeder fünfte ältere Mensch leidet daran, in Pflegeeinrichtungen sogar jeder zweite!

„Bei Störungen in der oralen Boluskontrolle [Anmerkung: Ein Bolus ist eine kugelartige Mischung aus Nahrung und Speichel, die sich beim Kauen im Mund bildet] kann Nahrung, Speichel oder Flüssigkeit wieder aus dem Mund austreten (Drooling) oder frühzeitig ohne Auslösung des Schluckreflexes unkontrolliert in den Rachen abgleiten (Leaking)“, nennt Logopädin Susanne Maria Javorszky, BSc MSc, Department Gesundheitswissenschaften, FH Campus Wien, Beispiele.

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Bei der sogenannten Aspiration dringen Bolus, Flüssigkeit oder Speichel in die Atemwege ein. In diesem Fall würde ein effizienter Hustenstoß helfen, eingeatmetes Material wieder auszuwerfen.

(Bild: Susanne Maria Javorszky)

Susanne Maria Javorszky, Logopädin

„Bei der sogenannten Aspiration dringen Bolus, Flüssigkeit oder Speichel in die Atemwege ein. In diesem Fall würde ein effizienter Hustenstoß helfen, eingeatmetes Material wieder auszuwerfen.“ Bei verringerter Sensibilität oder ausbleibendem Husten kommt es mitunter zu „stiller Aspiration“.

Gefährliche Folgen eingeatmeter Nahrung
„Eine solche Aspiration kann in Kombination mit einem geschwächten Immunsystem und einer Keimbesiedlung aus der Mundflora Auslöser einer Aspirationspneumonie sein. Darunter versteht man eine Infektion der Lunge, die durch das Einatmen von Sekreten aus dem Mund und/oder von Mageninhalten verursacht wird“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Vorstand der Universitätsklinik für Geriatrie, Christian-Doppler-Klinik, Uniklinikum Salzburg, in der „Ärzte Krone“. „Die weitaus häufigere und gerade bei älteren Menschen mit einer Reihe von Komplikationen verbundene Folge von Dysphagie ist jedoch die Mangelernährung.“

Schlucken ist ein komplexer Vorgang, der eine präzise Koordination von 50 Muskelpaaren und fünf Hirnnervenpaaren erfordert. (Bild: stock.adobe.com/Naeblys)
Schlucken ist ein komplexer Vorgang, der eine präzise Koordination von 50 Muskelpaaren und fünf Hirnnervenpaaren erfordert.

Im schlimmsten Fall können Betroffene auch ersticken, wenn sich Nahrung in die Atemwege „verirrt“. Selten kommt es zu einem „Bolustod“. Darunter versteht man einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand – verursacht aufgrund eines Reflexes, der durch einen im Rachen feststeckenden Fremdkörper und damit einhergehenden Druck auf das Kehlkopf-Nervengeflecht ausgelöst wird.

Schluckstörungen erkennen
Ärzte erkennen Schluckstörungen am Husten während der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme oder an einem feuchten, gurgelnden Stimmklang danach. Betroffene berichten zudem von wiederkehrenden Lungenentzündungen, ungewolltem Gewichtsverlust, Mangelernährung und Muskelschwund. Manche leiden auch an neurologischen Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Multipler Sklerose und Demenz.

Für die erste Einschätzung eignen sich Dysphagie-Screenings gut. Deuten diese auf die Erkrankung hin, gibt eine logopädische Schluckuntersuchung weitere Auskunft. Eine gesicherte Diagnostik erfolgt mittels apparativer Verfahren. Logopädische Übungen helfen dabei, die Schluckfunktion zu verbessern. Weiters kann der Patient Techniken erlernen, um die Nahrungsaufnahme sicher zu gestalten. Mitunter ist es auch notwendig, auf bestimmte Nahrungskonsistenzen (wie zäh) zu verzichten.

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