Die Heimatgemeinde von Emrah I. – dem Schützen von München – steht unter Schock. In seinem Elternhaus gab es einen Großeinsatz. Seine Nachbarn sind fassungslos, dass sich nur wenige Häuser weiter ein junger Flachgauer derart radikalisieren konnte.
Badewetter in Neumarkt am Wallersee. Beim Lokalaugenschein der „Krone“ am Donnerstagnachmittag ist in der Stadt alles friedlich. Die Bewohner ahnen noch nicht, dass es kurz darauf zu einem Großeinsatz mit Dutzenden Polizisten, Rettungskräften, Feuerwehrleuten und Sprengstoffkommando in der beschaulichen Wohnsiedlung im Stadtteil Sighartstein kommt.
Sprengstoffverdacht löste Einsatz bei Elternhaus aus
Plötzlich ist der Ort großräumig abgesperrt, Personen werden evakuiert, die Polizei patrouilliert vor einem Haus. Es ist das Elternhaus von Emrah I. – jenem 18-jährigen Salzburger mit bosnischen Wurzeln, der Stunden zuvor bei einem Attentat-Versuch in München von der Polizei erschossen wurde.
Der radikalisierte Mann dürfte es dort auf das NS-Dokumentationszentrum abgesehen haben, konnte gerade noch rechtzeitig von den Einsatzkräften gestoppt werden. Das Kennzeichen seines Autos, das er in der Münchner Innenstadt abgestellt hatte, führte die Beamten nach Neumarkt.
„Wir sind geschockt. Generell darüber, dass so etwas passiert. Aber noch mehr darüber, dass diese Person bei uns in der Nachbarschaft gewohnt haben soll. Das ist schon ein sehr mulmiges Gefühl“, sagt Anrainer Sven Reyer. Bisher sei der mutmaßliche Terror-Attentäter kaum jemandem aufgefallen. Die Siedlung, in der er wohnte, ist recht neu, besteht aus schicken Einfamilienhäusern mit Garten. Dass sich hinter den Mauern ein junger Mann derart radikalisiert, hätte niemand gedacht.
Doch es gab eindeutige Hinweise: Emrah I. wurde der Polizei bereits im Februar 2023 bekannt, nachdem er in seiner Schule gewalttätig geworden war. Als er einen Mitschüler gefährlich bedroht und verletzt hatte, wurde dem damals 17-Jährigen auch die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Es bestand der Verdacht, dass sich Emrah I. religiös radikalisiert hatte, online einschlägig aktiv war und sich für Sprengstoff sowie Waffen interessierte. Die Staatsanwaltschaft Salzburg nahm Ermittlungen auf, stellte sie jedoch im April 2023 wieder ein.
Rückblickend bestand für die Bewohner zu keiner Zeit eine Gefährdung. Wir gehen aber natürlich mit besonderer Sorgfalt vor.
Bernhard Rausch, Polizeichef Salzburg
Mit fatalen Folgen, wie sich herausstellen sollte. Das bekannte Interesse für Sprengstoff und Waffen war letztlich der Grund für den Großeinsatz beim Elternhaus. Salzburgs Polizeichef Bernhard Rausch klärt auf: „Rückblickend bestand für die Bewohner zu keiner Zeit eine Gefährdung. Aber wir nehmen das sehr ernst und gehen natürlich mit besonderer Sorgfalt vor. Darum haben wir auch großräumig gesichert und abgesperrt.“
In Neumarkt ist die vereitelte Gewalttat des Mitbürgers, der schließlich mit seinem Leben bezahlte, schwer begreifbar. „Der Ort steht unter Schock und es zeigt, wie schnell Terrorismus mitten unter uns sein kann“, sagt Bürgermeister David Egger-Kranzinger.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.