Die autofreie Innenstadt in St. Pölten soll alte und gehschwache Menschen diskriminieren – diese Kritik, die Debatten um das Fahrverbot für Taxis vor Arztordinationen aufflammen lässt, kommt von keinem Unbekannten.
Entrüstet über die „Zumutung, die man gehschwachen Menschen in der St. Pöltner Innenstadt anlastet“, zeigt sich Ex-Vizebürgermeister Alfred Brader (ÖVP), der von 1996 bis 2005 dieses Amt in der Landeshauptstadt inne hatte. Der 68-Jährige hat sich den Mittelfußknochen gebrochen und leidet schon lange unter starken Wirbelsäulenproblemen.
„Ich wollte mit dem Taxi zu meiner Orthopädin am Riemerplatz fahren. Der Taxifahrer hat mir gesagt, dass er das nicht darf und hat mich weit außerhalb aussteigen lassen“, ortet Brader eine schwere Diskriminierung von älteren und verletzten Menschen, die nicht gut zu Fuß sind und keinen Behindertenausweis besitzen. Dabei betont der schwer verärgerte St. Pöltner auch, dass Ärzte immer schon starke Frequenzbringer für die Innenstadt waren, die man damit aus dieser vertreibt: „Denn wer geht dem zum Arzt? ein Gesunder braucht den eh nicht!“
Auf die Palme trieb Brader auch, als er am Stadtamt saß und gebeten habe, ein Taxi zu rufen, weil er es zu Fuß nicht mehr heim schaffe: „Die sagten mir rotzfrech, ich soll vom Rathaus zum Bahnhof gehen! Das war ihnen im Bürgerservice total egal“, schämt sich der Altvizebürgermeister für eine solche Behandlung.
Stadt sieht Verbesserungsbedarf
Der für Verkehr verantwortliche Vizebürgermeister Harald Ludwig (SPÖ) betont, dass er das schwierige Thema keinesfalls schön reden möchte – und Verbesserungen wünschenswert wären. Aber: „Gehbehinderte können die Pedalente (das knallgelbe Fahrrad ähnlich einer Rikscha darf in der Innenstadt fahren, Anm.) sogar kostenlos nutzen. Genau auch deshalb haben wir dieses Angebot geschaffen.“ Mehr als 2000 Fahrten wären in vier Monaten absolviert worden.
Diese Arroganz der Stadt St. Pölten diskriminiert ältere und gehschwache Menschen und vertreibt damit auch viele Ärzte aus der Innenstadt.
Alt-Vizebürgermeister Alfred Brader (ÖVP)
Grundsätzlich dürften die Taxifahrer sogar gehschwache Menschen in die Innenstadt bringen. Das Problem dabei ist – und diese Regelung gäbe es schon seit mehr als 15 Jahren – dass der Chauffeur nachweisen muss, dass sein Fahrgast Gehprobleme hat. Nach dem Absetzen beim Arzt sorgt das dann beim Verlassen der Innenstadt bei Verkehrskontrollen der Polizei für Strafen, sollte der Fahrer das nicht glaubhaft untermauern können.
Gespräche mit Taxi-Innung und Polizei
Warum macht der Taxilenker dann nicht ein Foto der betagten Person, dem Gips am Fuß oder ähnliches, um dies zu beweisen? – „Das wäre eine gute Idee. Wir werden diesen Fall zum Anlass nehmen, um mal wieder mit unserer Taxi-Innung und der Polizei über diese Dinge zu sprechen“, betont Ludwig gegenüber der „Krone“.
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