Tschechien droht:

“Wenn wir Temelin abschalten, wird es in Wien dunkel”

Österreich
19.02.2013 16:13
Der rot-weiß-rote Widerstand gegen das umstrittene tschechische Atomkraftwerk Temelin sorgt wieder einmal für dicke Luft zwischen den beiden Nachbarländern. Auch Österreich importiere Strom aus Temelin, kritisierte der tschechische Industrie- und Handelsminister Martin Kuba am Dienstag. Er drohte damit, "dass es in Wien dunkel wird", sollte das Kraftwerk abgeschaltet werden. Die für das österreichische Hochspannungsstromnetz zuständige APG (Autrian Power Grid) und Greenpeace schlossen ein mögliches Blackout jedoch aus.

"Falls Österreich uns Ratschläge zu Temelin erteilen will, dann schalten wir es einfach ab. Und ich kann garantieren, dass es in Wien dunkel wird", erklärte Kuba Medienberichten zufolge auf einem Wirtschaftsforum in Prag. Den geplanten Ausbau des südböhmischen Atomkraftwerks verteidigte der Industrieminister als eine "Investition in unser Familiensilber". "Falls die Tschechische Republik aus der Sicht der Energiesicherheit unabhängig sein will, ist die Atomenergie die einzige Alternative", betonte er.

Greenpeace: "Temelin abschalten? Ja, bitte!"
Dass es im Falle der von Kuba angedrohten Abschaltung Temelins "dunkel in Wien" würde, sei laut Greenpeace nicht zu befürchten. "Der Anteil von Atomstrom im österreichischen Strommix beträgt heute wenig mehr als vier Prozent", sieht Julia Kerschbaumsteiner, Atomsprecherin bei Greenpeace, die Aussagen des Industrieministers widerlegt. Und ab 2015 bleibe Tschechien aufgrund des neuen Gesetzes zum Stopp von Atomstromimporten in Österreich ganz auf seiner "schmutzigen und hochriskanten Atomenergie" sitzen. "Auf seine Drohung, Temelin abzuschalten, bleibt uns daher nur eines zu sagen: Ja, bitte!", so Greenpeace in einer Aussendung.

APG: "Temelin für Österreich nicht systemrelevant"
Kubas Aussage entbehre jeglicher energiewirtschaftlichen und technischen Grundlage, teilte auch APG mit. Die Behauptungen des tschechischen Industrieministers seien nicht nachvollziehbar, erklärte der Übertragungsnetzbetreiber. Temelin habe für die Systemstabilität Österreichs keinerlei Relevanz. Gerade im Osten Österreichs gebe es hohe Erzeugungskapazitäten (thermische Kraftwerke, Donaukraft, Wind). Zudem sei Österreich Teil des eng vermaschten europäischen Verbundnetzes, so APG.

BZÖ-Chef Bucher: "Lächerliche Drohung"
Als "lächerliche Drohung Tschechiens gegenüber Österreich" bezeichnete BZÖ-Chef Josef Bucher die Aussage des tschechischen Industrieministers. "Schalten Sie Ihr Pannenkraftwerk Temelin ab und ich garantiere Ihnen, dass in Österreich nicht die Lichter ausgehen, sondern die österreichische Bevölkerung aufatmet. Jetzt halten Sie bitte Ihr Versprechen, und schließen Sie Temelin", so der Chef der Orangen.

FPÖ-Hofer: "Drohung so substanzlos wie deplatziert"
"Wenn unseren tschechischen Nachbarn ein energiepolitisches Licht aufginge, würde es in Österreich deshalb nicht dunkel", meinte auch FPÖ-Umwelt- und Energiesprecher Norbert Hofer. Er bezeichnete Kubas Drohung als "so substanzlos wie deplatziert". Die Befürchtungen des tschechischen Industrieministers zu einer "Abschaltung Temelins" seien fast so weit hergeholt wie die "Mär, Atomenergie sei der Garant für eine energiesichere Zukunft", so Hofer in einer Aussendung.

Zustimmung zu Temelin-Ausbau sorgt für Empörung
Bis 2025 soll Temelin einen dritten und vierten Block erhalten. Dazu soll noch dieses Jahr mittels eines Auswahlverfahrens eine Errichtungsgesellschaft bestimmt und ein entsprechender Vertrag unterzeichnet werden. Das Prager Umweltministerium hatte bereits im Jänner zugestimmt (siehe Infobox). Die Entscheidung löste vor allem in Oberösterreich Empörung aus. Das Land kündigte an, mögliche rechtliche Schritte prüfen zu wollen.

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