Schock nach München

Heimlich radikal: IS-Terror erobert Kinderzimmer

Österreich
07.09.2024 10:00

Der Terror-Akt von München schockiert: Es gab laut Polizei keine konkreten Anzeichen für eine Radikalisierung des Täters (18). Experten warnen jetzt: „Österreich hat ein Problem!“

Sie haben alle eines gemeinsam. Ein behütetes Zuhause, ein intaktes Familienleben, ein Handy und ein Kinderzimmer. Und genau dort werden sie – zwischen braunem Teddybär im Eck und Fußball am Teppich – radikalisiert. Nicht in Moscheen, nicht bei geheimen Kundgebungen.

Terror in München
„Tatsache ist, dass wir uns am Anfang einer neuen Welle des dschihadistischen Terrorismus befinden“, sagt Extremismusforscherin Daniela Pisoiu nach dem Terror in München Donnerstagfrüh, bei dem der mutmaßliche Attentäter durch unzählige Schüsse aus Polizeiwaffen niedergestreckt wurde, nachdem er vor dem NS-Dokuzentrum wahllos auf Beamte gefeuert hatte.

Emrah I. (re.) ist nicht der Einzige, der sich im Kinderzimmer auf seinen „großen Tag“ vorbereitet hat. Immer mehr Kinder und Jugendliche radikalisieren sich über soziale Medien im eigenen Kinderzimmer, bevor sie zuschlagen. (Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com, ZvG, LPD NÖ, Wikipedia Krone )
Emrah I. (re.) ist nicht der Einzige, der sich im Kinderzimmer auf seinen „großen Tag“ vorbereitet hat. Immer mehr Kinder und Jugendliche radikalisieren sich über soziale Medien im eigenen Kinderzimmer, bevor sie zuschlagen.

Die neue Welle kann mittlerweile mit „ITT“ bezeichnet werden: Experten sprechen von einem „islamistischen Teenager-Terror“.

Guido Steinberg, deutscher Islamismusforscher, sagt klar: „Die dschihadistische Radikalisierung in Österreich hat ungebremst angehalten. Einzelne junge Menschen lassen sich durch den bloßen Konsum von IS-Propaganda mobilisieren.“

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Tatsache ist, dass wir uns am Anfang einer neuen Welle des dschihadistischen Terrorismus befinden.

Extremismusforscherin Daniela Pisoiu

Dafür braucht man keine menschlichen Netzwerke (nur Verbündete und Zuspruch in sozialen Medien) – und für Anschläge einfache Ausrüstung, wenig Logistik, wenig Planung, keinen Aufwand und leicht beschaffbare Waffen. Also alles ganz einfach, da der heimischen Exekutive noch immer rechtlich die Hände gebunden sind, was die Überwachung von Messenger-Diensten betrifft.

Er war sehr intelligent und extrem internetaffin
Wir erinnern uns – sie alle haben es von ihren Kinderzimmern aus geplant: Den Wiener Hauptbahnhof sprengen (es war ein 16-Jähriger), einen Politiker töten (14 Jahre alt), Tausende feiernde junge Menschen beim Konzert von US-Superstar Taylor Swift in der Bundeshauptstadt in die Luft jagen – Beran A. ist 19, die Pläne für seine vermeintliche Heldentat schmiedete er im schmucken Haus von Mami und Papi in Ternitz (NÖ).

So auch Emrah I. Der 18-jährige Salzburger mit bosnischen Wurzeln stammt aus gutem Hause, er und sein kleiner Bruder (16) haben sich in der HTL auf Elektrotechnik spezialisiert, er war ein guter Schüler, bevor er im Jänner dieses Jahres „ausstieg“. Denn es gab ein paar Probleme, die während der Pandemie entstanden sein sollen, Emrah I. wurde zum Einzelgänger, betete gerne, legte sich mit Mitschülern an. Wie berichtet, kam es im Februar 2023 zu einem Übergriff in der Schule, einigen Aussagen von Klassenkameraden, Ermittlungen der Staatsschützer und zu einer Hausdurchsuchung.

Der Terror-Akt von München schockiert: Es gab laut Polizei keine konkreten Anzeichen für eine Radikalisierung des Täters (18). (Bild: zVg, Krone KREATIV)
Der Terror-Akt von München schockiert: Es gab laut Polizei keine konkreten Anzeichen für eine Radikalisierung des Täters (18).

Doch auch diese brachte keine „richtige“ Radikalisierung ans Tageslicht. Der 19-Jährige spielte „Roblox“ auf seinem Laptop. Er bastelte sich seine eigenen Avatare (Spielfiguren), motzte sie mit (IS)Al-Nusra-Flaggen auf und veranstaltete virtuelle Schießübungen (auf Menschen).

Angreifer zahlte 400 Euro für Gewehr
Mittwochabend kaufte er sich trotz Waffenverbot eine richtige Waffe bei einem privaten Sammler im Flachgau. 400 Euro hat er für das alte Gewehr des Schweizer Militärs samt Bajonett und 50 Schuss Munition bezahlt und ist damit Montagfrüh in Mamis Auto nach München gefahren, anstatt zu seiner Lehrstelle in einem Maschinenbaubetrieb, die er vergangenen Montag begonnen hatte.

Arbeitgeber schlug Alarm
Emrah I.s Arbeitgeber schlug Alarm, als er an Tag 4 nicht auftauchte. Zu einer Zeit, an der er längst schon mit dem Weltkriegs-Repetierer in Deutschland auf Polizisten feuerte.

Was den Salzburger zu der Wahnsinnstat trieb, wird wohl sein gut gehütetes Kinderzimmer-Geheimnis bleiben. Bei der Hausdurchsuchung im elterlichen Anwesen nach der Tat wurde nichts gefunden: keinerlei IS-verherrlichendes Material. Und auf die Auswertung von Emrah I.s Handy braucht man nicht hoffen. Es wurde völlig zerstört, als der Attentäter im Kugelhagel starb.

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