Avignon-Scheusal

„Warum bloß?“: Tochter wird unter Tränen deutlich

Ausland
07.09.2024 11:35

Der Prozess über einen Ehemann, der seine betäubte Frau über Jahre fremden Männern zur Vergewaltigung angeboten haben soll, ekelt Frankreich. Die Tochter des Ehepaars schilderte dem Gericht nun, wie sie von den schrecklichen Vorwürfen erfuhr – und fand dabei deutliche Worte.

Er sei „einer der schlimmste Sexualstraftäter der vergangenen 20 Jahre“, sagte die 45-jährige Carolin D. aus. „Wie soll man sich selbst wieder aufbauen, wenn man sich dessen bewusst ist?“, fragte sie in dem Aufsehen erregenden Vergewaltigungsprozess in Avignon.

Von den Gräueltaten ihres Vaters hätte sie von ihrer Mutter erfahren. Die 72-Jährige hätte eines Tages gesagt: „Ich war heute auf der Polizeiwache. Dein Vater hat mich bewusstlos gemacht, um mich zusammen mit Fremden zu vergewaltigen.“ Da sei eine Welt zusammengebrochen.

Vater missbrauchte auch Tochter
„Ich habe meine Brüder angerufen, wir waren entsetzt, wir haben geweint“, erklärte sie unter Tränen. Sie wünsche niemandem den Schmerz, den sie in dem Moment gespürt habe. Die Geschwister seien ebenfalls von der Polizei befragt worden. Die Beamten zeigten der Tochter Nacktfotos von ihr. „So habe ich erfahren, dass mein Vater mich ohne mein Wissen nackt fotografiert hat. Warum bloß?“, fragte sie.

Mutter Gisèle P. wird von Reportern umzingelt. (Bild: AFP/Christophe SIMON)
Mutter Gisèle P. wird von Reportern umzingelt.

Der Fall war aufgeflogen, nachdem der 71-jährige Mann ins Visier der Justiz geraten war, weil er in einem Einkaufszentrum Frauen unter den Rock gefilmt hatte. Die Ermittler stießen bei Durchsuchungen dann auf die zahlreichen Fotos und Videos, die den Missbrauch seiner offenbar bewusstlosen Frau durch andere Männer zeigten.

Aufnahmen von 200 Vergewaltigungen
Mutter Gisèle P. hatte am Donnerstag vor Gericht ausführlich geschildert, wie sie jahrelang unter unerklärlichen Gedächtnislücken und gynäkologischen Problemen litt, bevor sie erfuhr, was ihr Mann ihr antat.

Die Ermittler identifizierten insgesamt 200 Vergewaltigungen der Frau zwischen 2011 und 2020. Die meisten beging ihr Ehemann, in 92 Fällen waren es andere Männer. Mithilfe von Telefonrechnungen und Gesichtserkennung durch Künstliche Intelligenz kamen die Ermittler auf insgesamt 74 Männer, die die Frau missbraucht hatten.

Angeklagte zwischen 26 und 74 Jahre alt
Nun müssen sich neben dem Hauptangeklagten 50 weitere Männer vor Gericht verantworten und riskieren Haftstrafen von bis zu 20 Jahren. Sie sind zwischen 26 und 74 Jahre alt und haben nach Ansicht von psychologischen Experten bei den Vergewaltigungen der bewusstlosen Frau Allmachtsphantasien ausgelebt.

Der Ehemann hatte die Vergewaltigung seiner Frau offen in Internetforen angeboten. „Du bist wie ich, Du magst den Vergewaltigungsmodus“, schrieb er einem der interessierten Männer. Anderen erklärte er, dass er auf diese Weise sexuelle Praktiken ausüben könne, die seine Frau ihm sonst verweigern würde.

Prozess soll bis Dezember dauern
Der Prozess gegen ihn und 50 Mitangeklagte hatte am Montag in Avignon begonnen und soll bis zum 20. Dezember dauern. Als Nebenkläger treten auch zwei Söhne und die Tochter des Paares auf, das sich seit Bekanntwerden der Vorfälle im Scheidungsprozess befindet. Am Vortag hatte die Tochter weinend den Gerichtssaal verlassen, als der Vorsitzende Richter schilderte, dass der Beschuldigte auch Nacktfotos seiner eigenen Tochter gespeichert hatte.

Die Angeklagten müssen sich unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von widerstandsunfähigen Menschen verantworten. Der Prozess belebt in Frankreich die Debatte über den Umgang mit mutmaßlichen Vergewaltigungen nach dem Verabreichen sogenannter K.-o.-Tropfen – die sich häufig nur schwer nachweisen lassen.

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