Für viele sind Libellen Insekten, die man beiläufig wahrnimmt. Doch die Tiere sind ein wahres Wunderwerk der Natur. Leider kommen ihnen auch in Vorarlberg die Lebensräume zusehends abhanden.
Wer im Sommer gerne Zeit am Wasser verbringt, der wird ziemlich sicher schon Libellen bei ihren kunstvollen Flugmanövern beobachtet haben. Sie sind wahre Luftakrobaten, denn dank der Fähigkeit, ihre Flügelpaare unabhängig voneinander zu bewegen, können sie abrupt die Richtung wechseln, in der Luft stillstehen und rückwärts fliegen. Einige Arten können sogar Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 50 km/h erreichen. Libellen sind Wesen der Luft: Alles, was ihr kurzes, nur wenige Wochen währendes Leben als erwachsene Tiere ausmacht – jagen, fressen und Paarung – spielt sich in diesem Element ab.
Weltweit gibt es gut 6000 verschiedene Arten, wovon die meisten in den Tropen vorkommen. In Österreich leben 78 Libellenarten, 61 davon sind auch in Vorarlberg heimisch. „In unserer Datenbank finden sich insgesamt 7000 Einträge aus Vorarlberg. Die dabei am häufigsten dokumentierte Libellenart ist die Hufeisen-Azurjungfer, gefolgt von der Pechlibelle und der Großen Königslibelle“, sagt Biologe Werner Holzinger vom ÖkoTeam Graz, der als einer der besten Libellen-Experten des Landes gilt.
Im Aussehen und Körperbau ähneln die heute lebenden Tiere den zur Blütezeit der Dinosaurier lebenden Arten. Libellen sind also sehr ursprüngliche Insekten und durch ihre meist auffällige Färbung sowie die riesigen Augen recht spektakulär anzusehen. Letztere leisten zudem Erstaunliches: Mit ihren Facettenaugen erfasst die Libelle fast die gesamte Umgebung. Da sie ultraviolette Strahlung wahrnehmen können, behindert die spiegelnde Wasseroberfläche die Insekten nicht und sie können sogar Unterwasservegetation erkennen. Innerhalb weniger Sekunden werden hunderte Eindrücke verarbeitet, was den Tieren ihre schnelle Reaktionsfähigkeit während des Fluges ermöglicht. Denn Libellen leben räuberisch und ernähren sich von anderen Insekten, die sie in der Luft fangen.
Libellen sind Kinder des Wassers
Ihr Leben beginnen sie jedoch im Wasser. Nachdem die Libellenlarven aus den Eiern geschlüpft sind, verbringen sie dort – je nach Art und den vorherrschenden Umweltbedingungen – zwischen wenigen Monaten bis hin zu fünf Jahren als sogenannte Lauerjäger. Dabei ernähren sie sich hauptsächlich von Insekten, Würmer sowie Kaulquappen.
Wie die Libelle zu ihrem Namen kam: Ein französischer Forscher im 16. Jahrhundert fand, dass die Larven der Kleinlibellen aussehen wie ein Hammerhai. Diesen bezeichneten die Wissenschaftler damals wegen seiner Kopfform mit dem lateinischen Namen „libella“ (= Wasserwaage).
Keine Gefahr für Menschen: Trotz ihrer beträchtlichen Größe, der teilweise signalartigen Färbung und stachelähnlicher Gebilde am Hinterleibsende, sind Libellen für Menschen völlig ungefährlich. Sie stechen auch nicht. Nur die weiblichen Tiere verfügen über „Stachel“, die aber dem Eierlegen in Pflanzen dienen und keineswegs für einen Angriff eingesetzt werden.
Wie alt ist die Insektenordnung der Libellen? Die derzeit ältesten Libellenfossilien stammen aus Tonschieferablagerungen des Oberkarbons und sind rund 325 Millionen Jahre alt. Libellen gehören somit zu den ältesten nachgewiesenen Fluginsekten.
Die Larven verfügen über eine klauenbewehrte Fangmaske, mit der sie blitzschnell ihre Beute packen können. Im Ruhezustand wird die Fangmaske unter den Kopf gefaltet. Zwischen elf und 15 Larvenstadien durchläuft ein heranwachsendes Tier. Am Ende kriecht die Larve aus dem Wasser, verankert sich auf einem Blatt, ihr Panzer bricht auf und heraus schlüpft eine Libelle.
Auch Libellen leiden unter Lebensraumverlusten
Danach bleiben den Insekten im Schnitt noch zwischen vier und sieben Wochen für die Fortpflanzung. Libellen sind an verschiedensten Gewässern zu finden. Am artenreichsten sind Stillgewässer wie Tümpel, Weiher und Seen, wo die Larven in den flachen Uferzonen und zwischen Wasserpflanzen leben. Allein am Bodenseeufer sind nach Angaben der Umweltschutzabteilung des Landes bislang 28 verschiedene Arten identifiziert worden. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Insekten zunehmend die Lebensräume abhanden kommen, wie Werner Holzinger berichtet: „Arten wie die Kleine und die Südliche Binsenjungfer waren früher am Rhein häufig, finden jetzt aber durch die Zu-Tode-Regulierung kein Habitat mehr.“
Jene Libellen, die sich auf Hochmoore spezialisiert haben, sind laut dem Experten sogar hochgradig gefährdet. Dazu gehören unter anderem die Große Moosjungfer sowie die Helm-Azurjungfer, ein besonders seltenes Tier, das in den anderen Bundesländern gar nicht mehr zu finden ist. Renaturierungen von Gewässer und Mooren haben also nicht nur positive Auswirkungen auf das Klima, sondern tragen unter anderem auch dazu bei, die Libellenpopulation zu erhalten. Da die Insekten schnell auf Umwelteinflüsse reagieren, können Libellen auch als Bioindikatoren für die Bewertung der Gewässergüte herangezogen werden. Je schlechter es um den Zustand eines Gewässers bestellt ist, desto weniger Libellen ziehen darüber ihre Kreise.
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