Zwar hatte das Linksbündnis Neue Volksfront vor zwei Monaten die Parlamentswahl in Frankreich gewonnen, doch keine absolute Mehrheit erlangt. Auch die anderen Blöcke – die rechtspopulistische Ressemblement National von Marine Le Pen bzw. des von den Konservativen unterstützte Präsidentenlager – verfügten nicht über eine ausreichende Mehrheit, um eine Regierung zu bilden. Nun hat sich Präsident Emmanuel Macron entschlossen, die fünftgrößte Fraktion des Parlaments mit der Bildung einer Regierung zu beauftragen. Das hat Proteste im ganzen Land ausgelöst.
Linke Parteien werfen Macron vor, mit der Auswahl des ehemaligen EU-Kommissars Michel Barnier als Premierminister das Ergebnis der Parlamentswahl zu ignorieren. Nach der Ernennung des 73-Jährigen, der als EU-Kommissar die Brexit-Verhandlungen geleitet hatte, riefen Gewerkschaften, Studierendenvertretungen und vor allem das linke Parteienspektrum zu Massenkundgebungen auf. So auch die Partei La France Insoumise (LFI, „Unbeugsames Frankreich“), nach deren Angaben es am Samstag 130 Demonstrationen im ganzen Land gab.
Streikwelle droht
Einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Elabe zufolge sind 74 Prozent der Franzosen der Meinung, Macron habe das Wahlergebnis missachtet. Frankreich droht am 1. Oktober eine Streikwelle, die bereits mit dem Demonstrationsaufruf für Samstag angekündigt wurde.
Macron hatte nach dem Erstarken des rechten Rassemblement National (RN) bei der Europawahl Neuwahlen ausgerufen. Jedoch verlor seine eigene Bewegung Ensemble bei der Abstimmung Anfang Juli die Mehrheit im Parlament. Die französische Verfassung gibt dem Präsidenten das Recht, für das Amt des Ministerpräsidenten zu ernennen, wen er will. Jedoch muss diese Person in der Lage sein, Misstrauensvoten der Opposition zu überstehen.
Wird Barnier von Rechten und Linken gestürzt?
Die Neue Volksfront und das Rassemblement National könnten aber den Regierungschef gemeinsam stürzen. Barnier erklärte in seinem ersten Interview nach seiner Ernennung, er wolle das zersplitterte Parlament einen und zugleich einen härteren Kurs in der Einwanderungspolitik einschlagen. Ob er damit die Unterstützung von Le Pens Partei bekommt, ist abzuwarten.
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