„Krone“-Testkauf

Das Waffenparadies an der österreichischen Grenze

Österreich
09.09.2024 20:00

Ein Ausflug bei unseren tschechischen Nachbarn birgt eine Überraschung.  Auf dem Asia Bazar blitzen zwischen gefälschten Taschen und Shirts die Klingen. Das österreichische Waffengesetz gilt bereits als liberal, in Tschechien gibt es jedoch noch weniger Regeln als hierzulande.

Wie leicht Teenager zu Waffen kommen, zeigt der jüngste Fall in München, wo ein 18-Jähriger im Kinderzimmer radikalisierter Islamist aus Salzburg trotz behördlichen Waffenverbots bei einem Sammler einen Weltkriegs-Karabiner kaufte, um in Deutschland zu morden. Auch knapp eine Autostunde von Wien entfernt, gleich hinter der Grenze zu Tschechien, liegt ein Paradies für Waffenliebhaber.

Verstecke Testkäufe
Die „Krone“ machte sich auf zu versteckten Testkäufen in der Family City (früher Excalibur City), wo einst der Eiserne Vorhang Ost und West trennte: Hier decken sich Banden mit Stich- und Schusswaffen ein, wird gemunkelt – Messer, die oft in Wien sichergestellt werden. Obwohl auch in der Bundeshauptstadt Minderjährige locker Butterfly-Messer kaufen können, nutzt so mancher Bösewicht die Gelegenheit, um sich bei Nachbarn mit noch schärferem Geschütz einzudecken.

Breites Angebot an verschiedenen Waffen (Bild: zVg)
Breites Angebot an verschiedenen Waffen
Egal, ob Springer, Teleskopschlagstock, Elektroschocker oder Kugelschreiber mit integriertem Messer, hier wird gehandelt. (Bild: zVg, Krone KREATIV)
Egal, ob Springer, Teleskopschlagstock, Elektroschocker oder Kugelschreiber mit integriertem Messer, hier wird gehandelt.
Vom Freizeitpark ins Waffenparadies sind es nur wenige Schritte. (Bild: zVg)
Vom Freizeitpark ins Waffenparadies sind es nur wenige Schritte.

Standler buhlen um Kunden
Vorbei am Freizeitpark erreichen wir den Asia Bazar, der vormittags gerade zum Leben erwacht. Standler buhlen um Kunden. Zwischen Autofelgen, Parfum, Handyzubehör, Fake-Taschen und -Leibchen sind Schwerter, Macheten, Springmesser, Schlagringe und Luftdruckwaffen geschlichtet. Der Markt ist fest in vietnamesischer Hand. Unser Interesse gilt den scharfen Klingen.

Der Verkäufer führt uns Springmesser vor, hantiert mit Teleskopschlagstöcken zum Zusammenklappen, selbst ein Elektroschocker wird uns angeboten. Handeln ist Pflicht, zu guter Letzt zieht der engagierte Asiate mit dem freundlichen Lächeln Kugelschreiber mit integrierten Messern wie in einem James-Bond-Film hervor. Er steckt alles in ein Plastiksackerl, eine 14-jährige Schülerin, die mit uns den Test macht, bezahlt. Vieles, wie eben ein Teleskopschlagstock, Wurfsterne, der Kugelschreiber und Co., ist bei uns verboten.

Was wie Spielzeugwaffen aussieht, ist echt. (Bild: zVg, Krone KREATIV)
Was wie Spielzeugwaffen aussieht, ist echt.

Waffen sehen wie Spielzeug aus
Nach uns gustiert hier eine deutschsprachige Familie. Die Augen ihres kleinen Buben leuchten beim Anblick der Waffen, die wie Spielzeug aussehen. Der Mann fragt, ob die Messer für Frauen geeignet sind, der Standler nickt freundlich.

Daten & Fakten

  • Laut Kriminalstatistik ereigneten sich im Vorjahr österreichweit 2479 Delikte mit Stichwaffen. 2014 waren es 1996. Die Zahl der Anzeigen mit Hiebwaffen ist mit 615 im Zehnjahresvergleich nahezu gleich geblieben.
  • Auf Wien entfiel 2014 die Hälfte aller Stichwaffen-Delikte: Im Vorjahr waren es exakt 994 Fälle.
  • Die Zahlen bedeuten nicht, dass jemand verletzt wurde, auch gefährliche Drohungen, bei denen ein Messer im Spiel war, werden erfasst, wobei Waffen legal sein können. Wie Brotmesser, Scheren oder Schraubenzieher.
  • Bei Schusswaffen hingegen haben sich die Zahlen in den 10 Jahren bei uns auf 350 fast halbiert.

Die Produkte gelten hier an der Grenze in Tschechien nicht als Waffen im Sinne des hiesigen Waffengesetzes. Bei unserer Rückfahrt am Grenzübergang Kleinhaugsdorf wird stichprobenartig kontrolliert. Unser kleines Waffenarsenal bleibt unentdeckt.

Totschläger, Schlagringe, Springmesser
Obwohl Tschechien wie auch Österreich Teil der Europäischen Union sind, könnte das Waffengesetz nicht unterschiedlicher sein. So zählen hierzulande neben Schusswaffen auch Springmesser, Fallmesser, Butterfly-Messer, Degen, Dolche, Wurfscheiben, Pfefferspray und Taser zu Waffen. Diese dürfen zwar legal erworben werden, jedoch erst ab 18 Jahren.

Anders ist das in Tschechien. Dort fallen oben genannte Gegenstände nicht unter das Waffengesetz, was bedeutet, dass sie von jeder Person jederzeit erworben werden können. Selbst die bei uns verbotenen Teleskopstöcke, besser bekannt als Totschläger, sowie Schlagringe sind im Nachbarland frei erhältlich. Zum Vergleich: In Deutschland, der Schweiz und Großbritannien sind Butterfly- und Springmesser mit wenigen Ausnahmen verboten.

Anzeige droht
Nur weil man diese Waffen in Tschechien legal erwerben kann, bedeutet das aber nicht, dass man sie auch über die Grenze mitnehmen darf. Kommt es zu einer Kontrolle, bei der die verbotenen Waffen entdeckt werden, werden sie nicht nur beschlagnahmt, sondern es setzt auch eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Und: Auch der Kauf von illegalen Waffen aus dem Ausland über das Internet steht unter Strafe. Aber das ist noch schwieriger zu kontrollieren.

Das sagt die Family City
Vom Geschäftsführer der Family City, Roger Seunig, heißt es dazu: „In den letzten Jahren haben wir umfangreiche Investitionen getätigt, um unser Angebot für Familien zu erweitern. Unsere Attraktionen wie Merlin’s Kinderwelt, Merlin’s Farm oder das Terra Technica Museum sind speziell auf Familien mit Kindern ausgerichtet und erfreuen sich großer Beliebtheit. Unser Areal erstreckt sich über 530.000 Quadratmeter. Einzelne Flächen werden an externe Mieter vergeben, darunter auch der angrenzende Asia Markt, der an einen Generalpächter vermietet wird. Neben einer guten Auswahl an asiatischen Produkten, darunter Kleidung, Accessoires und Elektronikartikel, gibt es auch einen kleinen Bereich mit gesetzeskonformen Verteidigungsgegenständen. Diese für den Markt CZ legal angebotene Ware befürworten wir nicht – diesbezüglich gab es bereits Gespräche mit dem Generalpächter, die bisher erfolglos blieben. Dennoch gelten die Produkte hier an der tschechischen Grenze nicht als Waffen im Sinne des lokalen Waffengesetzes.“

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