Gewerkschaftsboss:

Wohnpaket der Regierung „kommt nicht am Bau an“

Nationalratswahl
10.09.2024 06:00

Ob in der Miete oder im Eigentum: Viele stellt das Wohnen vor finanzielle Herausforderungen. Die hohen Preise für Eigentum hängen vor allem mit dem knappen Angebot zusammen. Baugewerkschafter Josef Muchitsch kritisiert im „Krone“-Interview: „Vom Wohnbaupaket ist noch kein Euro auf einer Baustelle angekommen!“

Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau-Holz und sozialdemokratischer Nationalratsabgeordneter sagt im „Krone“-Gespräch: „Von 2017 bis 2019 haben wir übermäßig zu viel gebaut, damals wurden pro Jahr 85.000 Wohneinheiten errichtet. Jetzt ist es umgekehrt und die Nachfrage ist größer als das Angebot.“

Muchitsch fordert bundesweiten Rahmenplan
Er vermisst einen Gesamtplan. „Der Bau ist in Österreich ein Stückwerk der Länder.“ Muchitsch fordert daher wie sein Parteikollege und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ein Wohn- und Bautenministerium und einen bundesweiten Rahmenplan.

Da es hier um große Mengen an Fördergeld geht, sei auch eine bundesweite Koordinierung wichtig. Die Regierung soll weitsichtig planen, damit es weder zu einer Überhitzung kommt noch zu wenig gebaut wird. „Der Bedarf muss gedeckt sein“, so Muchitsch. Diese Planungssicherheit soll es ebenso bei Klimamaßnahmen geben. „Die Menschen schieben sonst Projekte vor sich her, da sie nicht wissen, wie es weitergeht. Grundsätzlich ist es schon sinnvoll, alte Häuser klimafit zu machen und zu sanieren. Das hilft auch den Betrieben der Bauwirtschaft.“

Wohnbauförderung ist Körberlgeld der Länder
Um Mittel zur Verfügung zu haben, soll jedenfalls die Zweckwidmung der Wohnbauförderung wieder eingeführt werden. „Das ist derzeit ein Körberlgeld für die Länder, mit dem sie ihre Budgetlöcher stopfen“, meint der rote Gewerkschafter. Denn ein Großteil der Wohnbauförderungen fließt nicht in tatsächlich dafür vorgesehene Projekte, was wiederum auf der anderen Seite den Neubau bremst.

Muchitsch stellt der Regierung ein schlechtes Zeugnis bei Teuerungsbekämpfung aus. (Bild: APA/Roland Schlager)
Muchitsch stellt der Regierung ein schlechtes Zeugnis bei Teuerungsbekämpfung aus.

Bei der Finanzierung von Eigenheimen sieht Muchitsch ebenso dringenden Handlungsbedarf. Die verschärften Kreditregeln machen es zahlreichen Haushalten fast unmöglich, ein Haus zu bauen. Zwar haben die strengeren Vergaberegeln geldpolitische Gründe, „doch wir müssen etwas tun, wenn man sieht, dass der regionalen Wirtschaft die Luft ausgeht“, so Muchitsch.

Von Wohnpaket noch kein Euro auf Baustelle angekommen
Darauf zielte auch das Wohnpaket der Regierung auf. Muchitsch sieht darin im „Krone“-Gespräch aber nur ein „Bemühen“ der Regierung, das viel zu spät kam: „Vom Wohnpaket ist noch kein Euro auf einer Baustelle angekommen.“ Denn die Maßnahmen greifen erst mit einer Verzögerung, da beim Bau lange Vorlaufzeiten gelten, viele Projekte erst in die Gänge kommen müssen.

Es bleibt zu hoffen, dass es 2025 ankommt. Sonst drohen weitere Arbeitsplatzverluste: „10.000 Bauarbeiter haben durch die Krise am Wohnbau bereits ihren Job verloren. Geht es so weiter, zieht sich das immer weiter. Und diese Fachkräfte bekommen wir nicht mehr zurück“, schildert Muchitsch, der kein Licht am Ende des Tunnels sieht.

Neben dem Neubau ist der Mietmarkt die zweite große „Baustelle“. Muchitsch analysiert: „Zuerst wurde aufgrund der Energiepreise die warme Miete in die Höhe getrieben und dann auch noch die kalte Miete angepasst. Doch wenn nichts investiert wird, ist das nicht zu rechtfertigen.“ Er fordert daher einen Mietpreisstopp, vor allem wenn Eigentümer kein Geld in die vermietete Immobilie stecken.

Tatsächlich sind die Kosten zuletzt – wie berichtet – fast überall rekordmäßig angestiegen. Und das kommt nun zu zahlreichen anderen Preissteigerungen, etwa bei Lebensmitteln, dazu.

Muchitsch, der auch Sozialsprecher seiner Partei ist: „Es ist bezeichnend, wenn Österreich in Westeuropa sowohl bei der Teuerungsbekämpfung als auch beim Wirtschaftswachstum ganz hinten ist. Zweimal Letzter werden, muss man erst mal schaffen.“

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