Was eine 18-Jährige, die ein Kind erwartete, in Wien laut Staatsanwaltschaft durchleben musste, ist kaum zu glauben. Ihr 22-jähriger Lebensgefährte soll gegen die Frau monatelang massive Gewalt ausgeübt, sie missbraucht und eingesperrt haben. Im Prozess im Wiener Landesgericht bekennt sich der Mann „nicht schuldig“. Und tatsächlich treten im Laufe der Verhandlung Widersprüche in den Aussagen des mutmaßlichen Opfers zutage.
Welch Martyrium musste eine damals erst 18 Jahre junge Frau 2023 in Wien durchleben, als sie mit ihrem Kind schwanger war? Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wien wiegen schwer. Aber entsprechen sie auch den Tatsachen? Der Prozess im Wiener Landl sollte dies am Dienstag klären. Und schnell war klar: So wie es in der Anklageschrift steht, ist es bestimmt nicht vorgefallen. Der Mann saß seit Juni unschuldig in U-Haft.
Staatsanwältin: „Getrieben von Kontrollsucht“
Zur Vorgeschichte: Das Opfer lernte einen um vier Jahre älteren Slowaken kennen, man zog in Wien-Penzing zusammen. Kurz darauf wurde die junge Frau schwanger. Weil ihr Lebensgefährte laut Staatsanwältin „getrieben von einer Kontrollsucht“ war, kam es rasch zu Auseinandersetzungen. Die im Laufe der Zeit mutmaßlich ausarteten.
„Er startete rasch, massive Gewalt an ihr auszuüben. In nahezu täglichen Angriffen“, berichtet die Staatsanwältin dem Schöffensenat. Zuerst verbot er ihr laut Anklage, sich in der Wohnung frei zu bewegen, sowie die Wohnung ohne seine Begleitung zu verlassen. „Sie durfte nicht selbstständig aufs Klo gehen oder sich ein Glas Wasser holen“, führt die Staatsanwältin aus. Wenn sie zusammen rausgingen, zwang er sie, auf den Boden zu blicken. Ihr Handy soll er vernichtet haben.
Das Opfer soll der Mann laut Staatsanwältin teilweise täglich gewürgt haben, mitunter bis zur Bewusstlosigkeit. Er soll ihr Schläge mit Gegenständen, darunter einem Gürtel, versetzt und mit Sachen nach ihr geworfen haben.
Brennendes Harz auf Babybauch
Im August 2023, als die 18-Jährige im sechsten Monat schwanger war, habe er ein brennendes Stück Cannabisharz auf ihren Bauch fallen lassen. Das Opfer erlitt eine Brandwunde am Bauchnabel. Dem nicht genug, soll der Angeklagte der Schwangeren mehrfach mit einer Nagelschere in die Beine gestochen haben. Auch soll er der Frau mit einem Kabel gegen die Beine geschlagen und ihr mit einem Küchenmesser Schnittwunden im Oberschenkel zugefügt haben.
„Er betrachtete das Opfer als sein Eigentum“, so die Anklagevertreterin, „Auch forderte er nahezu täglich Geschlechtsverkehr.“ Demnach habe der Slowake die Schwangere in zahlreichen Angriffen zum Beischlaf genötigt. Wenn sich die Frau weigerte, soll er ihr Faustschläge versetzt haben, bis sie den Geschlechtsverkehr über sich ergehen ließ.
Es ist frei erfunden. Die Frau ist besessen vom Angeklagten und wollte ihn um jeden Preis zurück.
Verteidiger Florian Horak
Angeklagter: „Es ist frei erfunden“
Schon vor Beginn der Verhandlung gibt sich der Angeklagte aufgebracht, richtet ein Schimpfwort gegen eine anwesende Fotografin. Im Prozess bekennt er sich „nicht schuldig“. Die Frau habe sich selbst geritzt, mit Gewalt habe er sie nicht zum Sex gezwungen. „Es ist frei erfunden. Die Frau ist besessen vom Angeklagten und wollte ihn um jeden Preis zurück“, sagt auch sein Verteidiger Florian Horak in seinem Plädoyer. Die Beziehung habe nur kurz gedauert und er hätte nicht einmal gewusst, dass sie schwanger sei. Außerdem hätte er im besagten Zeitraum in Slowenien gewohnt.
„Warum sollte ich eifersüchtig sein, wenn es 1000 andere Mädchen gibt?“, tönt der Angeklagte im Prozess. Während die Frau abgesondert vom Richter befragt wird, verfolgt er die Aussagen der jungen Frau in Saal 25 via Videoübertragung. Er sitzt auf der Bank vor seinem Verteidiger und belächelt durchgehend die Schilderungen der Frau, schüttelt dabei den Kopf. Als sie sagt, dass sie ihn nach der Geburt, die laut Staatsanwältin ein Notkaiserschnitt war, zu ihm gegangen sei, nickt er zustimmend. "Ich war emotional abhängig", begründet sie diesen ungewöhnlichen Schritt. Zumal im Krankenhaus Hämatome festgestellt worden waren.
Frau verstrickt sich in Widersprüche
Dass die Frau sich mit 14 selbst Verletzungen zugefügt hatte, bestätigt die Frau im Prozess. Sie sei damals psychiatrisch behandelt worden. Zudem verstrickt sich die Zeugin immer mehr in Widersprüche zu früheren Aussagen oder relativiert diese. Dann konfrontiert Richter Daniel Schmitzberger die Frau mit einer früheren Verurteilung, wo sie offenbar vorgetäuscht hatte, entführt und eingesperrt worden zu sein.
Das Urteil des Schöffensenats fällt schnell: Der Freispruch ist rechtskräftig. Der verleumdete Mann wurde enthaftet.
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