„Krone“-Interview

Picture This: „Wir fühlen uns wie ein Fußballteam“

Musik
16.09.2024 09:00

In ihrer Heimat Irland füllen sie bereits die größten Hallen und werden hinter vorgehaltener Hand mit U2 verglichen – am europäischen Festland sind Picture This auch am Vormarsch. Mit neuem Album kommt das Quartett nun nach Wien. Wir haben im Vorfeld genauer nachgefragt.

(Bild: kmm)

„Krone“: Jungs, euer Auftritt beim Frequency Festival im Sommer 2023 war der erste in Österreich seit 2018, wo ihr als Support von Tom Odell im Wiener Gasometer gespielt habt.
Ryan Hennessy:
 Wahnsinn, ist das schon wieder lange her. Wien ist eine großartige Stadt. Ich liebe die Kultur und sie beinhaltet irgendwie alles, was Europa so ausmacht. Ich kann es kaum erwarten wieder hier zu spielen. Beim Frequency haben wir das erste Mal ein Festival indoor gespielt.

Am 8. Oktober spielt ihr nun in der Simm City. Was dürfen wir uns denn alles erwarten?
Jimmy Rainsford:
 Wir beiden werden eine volle Show spielen und sind schon sehr aufgeregt. Es ist ein schöner Wettkampf, aber auf eine sehr angenehme Art und Weise, weil wir unseren Support Tim Gallagher lieben.

Wie wichtig ist Humor für euch innerhalb der Band?
Rainsford:
 Der Humor ist mitunter das Wichtigste überhaupt. Cliff und Owen sind sowieso riesige Spaßvögel und wir kennen uns alle schon so lange und so gut, dass wir ohne Humor gar nicht existieren könnten. Wir posten auch immer wieder humorige Szenen auf Instagram, damit die Fans an unserem Spaß teilhaben können. Wir wollen einfach eine gute Zeit haben und schöne Konzerte liefern.

Ihr seid alle miteinander aufgewachsen – nicht nur mit der Musik. Hat der Erfolg eure Persönlichkeiten und eure Beziehung zueinander verändert?
Hennessy:
 Unsere Verbindung zueinander ist stärker denn je. Am Anfang mussten wir uns alle noch finden. Wir uns selbst und auch unseren Platz in der Band. Zwischen und passt aber kein Blatt Papier mehr. Natürlich sind wir alle reifer geworden.
Owen Cardiff: Wenn du in der Musikindustrie Erfolg hast, dann werden deine guten Eigenschaften gestärkt und die schlechten weggespült. Anders könntest du auf Dauer keinen Erfolg haben, es würde nicht klappen. Wenn man im Rampenlicht steht, dann wird man im besten Fall eine bessere Persönlichkeit. Ich hoffe, dass das bei uns der Fall ist.

In eurer irischen Heimat seid ihr eine riesige Nummer und auch im Rest von Europa werdet ihr immer bekannter. Schwingt da nicht sehr viel Druck mit?
Hennessy:
 Es gibt immer Druck, aber was wären wir ohne Druck? 
Rainsford: Wir wollen als Band und auch einzeln in der Persönlichkeit immer den nächsten Schritt gehen. Etwas Druck dahinter tut da durchaus gut.

Ist es nicht manchmal schwierig, wenn vier musikalische Charaktere beim Songwriting ein Endprodukt kreieren müssen?
Hennessy:
 Wir haben das große Glück, dass wir vier uns ziemlich ähnlich sind und wenig Diskussionsbedarf haben, wenn es um die Musik geht. Wir haben alle denselben Geschmack und bringen unsere Persönlichkeiten sehr gut ein. Das Songwriting ist überhaupt kein Problem.

Als Band seid ihr mittlerweile seit etwa acht Jahren zusammen. Wie würdet ihr die bisherige Reise zusammenfassen?
Rainsford:
 Es ist schon auch verrückt, was in den letzten Jahren alles passiert ist. In unserer Heimat waren vier von fünf Alben an der Spitze der Charts und wir spielen richtig große Konzerte. Wir fassen auch in Europa immer besser Fuß. Wir hatten Riesenglück, arbeiten aber auch hart für den Erfolg. Wichtig ist, dass wir untereinander und als Freunde noch stabiler wurden.

Seit wann könnt ihr ausschließlich von der Musik leben?
Hennessy:
 Seit ein paar Jahren. Es ist natürlich toll, dass wir nicht um 6 Uhr morgens aufstehen müssen, sondern auch mal am Vormittag durchschlafen können, weil der Tagesrhythmus mittlerweile ganz anders verläuft.

Im Frühling habt ihr endlich euer Album „Parked Car Conversations“ veröffentlicht.
Rainsford:
 Wir haben so viele tolle Singles, die wir lieben und vorher veröffentlichen wollten. Im Streaming-Zeitalter können Alben sehr schnell verloren gehen, aber wir lieben diese Singles so sehr, dass wir sie nicht verfeuern wollen.

Ist ein Album für eine Band wie euch überhaupt noch notwendig und zeitgemäß?
Hennessy:
 Unsere Fans sind da großartig, denn sie lieben das gesamte Konzept der Band. Die Songs, den Produktionsprozess und alles drumherum. Manchmal fühlen wir uns wie eine Fußballmannschaft, die ein tolles Following hat. Das ist alles andere als selbstverständlich. Wir sehen uns selbst als eine Album-Band und wollen das große Ganze im künstlerischen Bereich durchaus in den Vordergrund stellen.

Was steckt hinter dem Titel „Parked Car Conversations“? 
Hennessy:
 Der kommt direkt aus unserem Leben. Als Jimmy und ich die Band gegründet haben, haben wir viel Zeit im Auto verbracht um lange über unsere Visionen und Ziele mit der Band zu sprechen, wenn wir schon nicht im Studio waren. Im Van oder im parkenden Auto haben wir dann auch später als Band sehr viele tiefgründige Gespräche geführt. Über gescheiterte Beziehungen, neue Freundinnen, Familienkrisen oder eben Picture This. Es begann alles mit dem gleichnamigen Song, aber je weiter wir dachten, umso klarer wurde uns, dass viele Menschen solche Gespräche führen. Der Titel subsumiert den Inhalt des Albums perfekt, weil jede einzelne Nummer sich um eine solch tiefsinnige Unterhaltung dreht.

Habt ihr euch als Individuen durch die Band besser kennengelernt?
Hennessy:
 Auf jeden Fall. Wenn du von anderen Menschen umgeben bist, lernst du viel mehr über dich selbst als in anderen Situationen. Es geht um Verhaltensweisen, Gefühle und Emotionen. Und darum, wie man in einer Gemeinschaft damit umgeht. In knapp acht Jahren sammelt sich da schon viel an, was wir als Band erlebt haben. Als wir noch sehr jung waren, mussten wir uns erst finden. Wir haben das große Glück, dass wir diese Reise als beste Freunde erleben. Mir tun Solokünstler manchmal wirklich leid, weil sie so viel von ihren Erlebnissen nicht immanent teilen können. In einer Band gibt es immer jemanden, der dich auffangen kann. Auf der Bühne kannst du dich auf andere verlassen. Das ist ein großartiges Gefühl.

Eine Band hat aber nicht nur Vorteile. Man muss viel mehr Kompromisse eingehen, es gibt oft finanzielle Ungereimtheiten oder einzelne Ausritte, wenn einmal mal etwas nicht so passt …
Hennessy: 
Wir sind sehr offen untereinander und niemand isst dem anderen den Kuchen weg. Das war vom ersten Tag an ungemein wichtig, um erst gar nicht in Stresssituationen zu kommen. Bislang sind wir mit dieser Taktik sehr gut gefahren und ich hoffe, dass das noch länger so weitergeht. (lacht)

Einer eurer Singles namens „Get On My Love“ ehrt die Menschen, die resilient sind und in schwierigen Situationen des Lebens Kraft zeigen. Wovon wurde er inspiriert?
Rainsford:
 Ryan und ich waren damals in Schweden und haben uns ein paar Biere genehmigt. Das ging natürlich ein bisschen aus dem üblichen Raster und als wir am nächsten Tag in Stockholm ins Studio gingen, ging es uns erst einmal nicht so gut. Aber wir hatten so viel Spaß im Studio und haben einfach drauflosgeschrieben. Der Song stand in wenigen Minuten, das war wie Magie. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, ist bei uns immer dann etwas ganz Spezielles entstanden, wenn wir gerade Spaß hatten und die Stimmung gut war. Mit dieser guten Energie im Raum kommt immer etwas Gutes raus.

Ist der „Song To Myself“ an euch selbst als Band adressiert?
Hennessy:
 Das ist ein Song, den ich für mich geschrieben habe. Ich führte ein Tagebuch und war darin so ehrlich wie nur möglich, was nicht immer einfach ist. Dieses Gefühl wollte ich auch einmal nach außen tragen und auch dieser Song war innerhalb von 20 Minuten fertiggeschrieben. Die meiste Zeit geht es bei uns um Beziehungen oder uns als Band, aber so tief in mich zu gehen und darüber zu singen, war auch für mich ganz besonders. Ich fühlte mich damit nicht wohl und das hat mich ziemlich mitgenommen. Der Song ist mir extrem wichtig und obwohl er mir handwerklich so leicht von der Hand ging, musste ich mich stark dafür überwinden.

Geht es prinzipiell darum, Ängste und Unsicherheiten abzulegen?
Hennessy:
 Die Reaktionen auf den Song waren unterschiedlich. Für manche wirkt er sehr kathartisch. Ich für meinen Fall kann nur sagen, dass er raus musste. Ich spürte einen inneren Zwang, mit diesem Thema nach außen zu gehen. Ich habe mich beim Schreiben dieses Songs selbst besser kennengelernt. Kathartisch war der Song auch für mich, aber ich habe bei der Nummer gefühlt ein paar Ursachen und Gründe dafür gefunden, mich selbst zu reflektieren.

Evoziert es in dir ein gewisses Unwohlsein zu wissen, dass mehr und mehr Menschen durch deine Songs auch deine persönlichen Gedanken erfahren?
Hennessy:
 Ich mag das. Es ist ja unser Ziel, dass so viele Menschen wie möglich unsere Musik hören und unsere Message mitkriegen. Mir persönlich macht das nichts aus. Ich bin extrem froh, wenn die Leute auf unsere Musik reagieren, kommentieren und sie verstehen oder für sich aufnehmen. Wenn wir manche Songs veröffentlichen bin ich oft sehr unsicher und frage mich, warum ich jetzt schon wieder so offen nach außen gegangen bin, aber im Endeffekt sind die Reaktionen immer okay.

Ist der Song „Ireland“ so etwas wie die inoffizielle Hymne eures Heimatlandes?
Rainsford:
 Vielleicht ist sie das. Mehr noch als eine Hymne für Irland ist es ein Song, der auf unsere Kindheit zurückgreift. Irland ist so unglaublich vielseitig. Es gibt so viele Kulturen, Traditionen und Menschen. Das Land ist ganz anders als die Stadt. Irland ist ein sehr einzigartiges Land und wir sind alle sehr stolz darauf. Das Lied soll die vielen Facetten Irlands und ihre Verbindungen zeigen. Wir wollen den Menschen zeigen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind und wie wir unsere Heimat erleben.

Wir kennen natürlich auch die dunkle Seite und den Bürgerkrieg zwischen Nordirland und Irland. Bezieht ihr daraus auch Inspirationen für das Songwriting?
Hennessy:
 Wir schreiben lieber über persönliche Themen, können aber nicht leugnen, dass die Geschichte dieses Landes nicht auch unsere Musik und unsere Texte beeinflusst. Der Krieg an sich hat aber keinen Effekt auf uns.
Cardiff: Geographisch sind wir ziemlich weit davon entfernt und extrem stolz darauf, Iren zu sein und in diesem Land zu leben. Die Beziehung zwischen den Ländern geht aber weit über die bloße Politik hinaus. Es ist wichtig, für den Frieden und die Gemeinschaft einzustehen. Es gibt so viel Politik und so viele Meinungen da draußen – das müssen wir nicht auch noch extra in unserer Musik befeuern.

Live in Wien
Am 8. Oktober spielen Picture This eine exklusive Österreich-Show in der Wiener Simm City. Mit an Bord haben sie den aufstrebenden Tim Gallagher aus Manchester. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten und alle weiteren Informationen zum Gig.

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