Schutzgelderpressung, Körperverletzung und Wiederbetätigung – die Liste der Vorwürfe gegen die drei Mitglieder der Hells Angels ist lang. Für den Prozessauftakt im Wiener Landesgericht haben sie ihre Lederjacken und Motorräder zu Hause gelassen. Jedoch nicht ihr Temperament: dem Vorsitzenden Richter liefert der erstangeklagte Deutsche eine patzige Antwort nach der anderen ...
Mit grimmiger Miene nehmen die drei Männer auf der Anklagebank im Großen Schwurgerichtssaal Platz. Ihre Motorräder und Kutten – mit Logos versehene Jacken – haben sie für den Prozess zu Hause gelassen. Bloß die Tätowierungen von Kopf bis Fuß lassen erahnen, welcher Gruppierung sie angehören: Zwei von ihnen sind Mitglieder der Hells Angels, einer laut eigenen Angaben ein „Supporter“.
„Entweder du zahlst oder wir kommen wieder!“
Laut Staatsanwaltschaft Wien sollen die drei mit neun weiteren unbekannten Mitgliedern der Rocker-Gruppierung am 17. September 2023 ein Lokal im Bezirk Ried im Innkreis (OÖ) böse aufgemischt haben. Den Besitzer, den DJ und einen unbeteiligten Gast sollen sie dabei schwer verletzt haben. „Entweder du zahlst oder wir kommen wieder“, verbalisierten sie laut Anklage eine Schutzgelderpressung.
Doch das alleine ist nicht der Grund, warum der Deutsche und die zwei Oberösterreicher vor Geschworenen im Wiener Landesgericht sitzen. Ihnen wird außerdem Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz vorgeworfen, dem Drittangeklagten (31) ein Faustschlag gegen ein Mitglied der verfeindeten Motorradbande „Bandidos“ und dem erstangeklagten Hells-Angels-Hünen ein besonders schockierender Angriff: Aus dem Nichts schlug er in einem Gastgarten einer Frau heftig ins Gesicht.
Hitlergruß und Nazi-Parolen in der Arrestzelle
Angeklagt ist hier jedoch nur die Begehung einer strafbaren Handlung im Zustand voller Berauschung – durch den Konsum von Alkohol und Valium war der fast zwei Meter große Deutsche laut Gutachten nicht zurechnungsfähig. Das war der 38-Jährige aber wieder, als er nach seiner Festnahme Beamte bedrohte und ihnen Misshandlungen im Polizeiarrest vorwarf. Wo er mehrmals den Hitlergruß zeigte und dazu Nazi-Parolen brüllte.
Das Thema Hells Angels hat hier überhaupt nichts zu suchen. Das ist in Österreich nichts anderes, als ein Zusammenschluss von Motorradfahrern.
Anwalt Philipp Wolm vertritt den erstangeklagten Deutschen
Bild: Gerhard Bartel
Sein Verteidiger Philipp Wolm kündigt bereits zu Beginn an, dass sich sein Mandant zu diesen Vorwürfen vollumfänglich schuldig bekennen wird – jedoch nicht zur Schutzgelderpressung. „Das, was wir hier haben, ist eine klassische Verwechslung. Er hat ein Alibi. Als das passiert ist, war er mit einer Dame in einer Therme auf Romantik-Urlaub.“ Das würden auch Fotos belegen.
Romantikwochenende während Schutzgelderpressung
Es gäbe jedoch weder Belege aus Restaurants und Co., noch hätte er an dem Tag den Thermenbereich betreten, konfrontiert der Vorsitzende Richter den 38-Jährigen. Die patzige Antwort: „Ich brauchte bloß ein attraktives Hotelzimmer für drei Stunden.“ Und auch sonst zeigt sich das Hells-Angels-Mitglied wenig kooperativ. „Wussten Sie, dass es in Österreich so etwas wie ein Verbotsgesetz gibt?“ – „Wusste ich nicht. Weiß ich jetzt“, die knappe Antwort.
Sonst verweist der Deutsche, der seit 13 Jahren in Österreich lebt, auf die Ausführungen seines Anwalts Philipp Wolm. Dem es wichtig ist, besonders eines zu betonen: „Das Thema Hells Angels hat hier überhaupt nichts zu suchen. Das ist in Österreich nichts anderes, als ein Zusammenschluss von Motorradfahrern. Er mag denen angehören. Aber eigentlich ist er von Beruf Gangster-Rapper.“ Und auch der Verteidiger des Drittangeklagten Andreas Mauhart erklärt den Geschworenen, dass hier berufstätige Männer und Familienväter sitzen, die „während andere am Abend Chips auf der Couch essen, in der Garage an ihren Kunstwerken schrauben.“ Keinesfalls aber Schwerkriminelle.
Keiner habe Schuld an Schutzgelderpressung
Der 38-jährige Oberösterreicher bekennt sich lediglich zu einem Faustschlag schuldig. „Die beiden mögen sich einfach nicht“, so Mauhart. Der Zweitangeklagte (50) sei überhaupt unschuldig. Bei ihm wurden bei einer Hausdurchsuchung im Zuge der groß angelegten Razzien gegen die Rocker-Szene zwei Gläser mit Hitler-Darstellungen sichergestellt „Ich hab‘ die vergessen“, sagt der zweifache Vater vor Gericht. Bei der Schutzgelderpressung sei er ebenfalls nicht dabei gewesen.
Wegen der Vielzahl an Zeugen sind mehrere Verhandlungstage angesetzt. Bei einer anklagekonformen Verurteilung drohen den Rockern bis zu zehn Jahre Gefängnis.
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