Zwischen Bayern und Wien droht ein offener Asylstreit. Und das ausgerechnet zwischen den Schwesterparteien CSU und ÖVP – und mitten im österreichischen Wahlkampf.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat am Donnerstag die Ankündigung seines österreichischen Amtskollegen Gerhard Karner, keine von Deutschland an der Grenze zurückgewiesenen Migranten aufnehmen zu wollen, scharf kritisiert. Für ihn gehe die Weigerung am Kern der Sache vorbei.
Die Rechtslage sei eindeutig, betonte Herrmann in einem Interview mit der „Welt“.
Herrmann erklärt die Rechtslage
„Es geht hier nicht darum, ob Österreich jemanden zurücknimmt, sondern es geht darum, ob Deutschland jemandem die Einreise verweigert. Und wenn Deutschland jemandem die Einreise verweigert, dann ist der Betreffende nach wie vor in dem Nachbarland und eben nicht eingereist.“ Insoweit stelle sich dann die Frage für Österreich nicht, ob sie jemanden „zurücknehmen“ wollten.
Union ließ deutschen Asyl-Gipfel platzen
Die deutsche Bundesregierung hat ab Montag zusätzliche Grenzkontrollen angeordnet und denkt auch über umfassende Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen nach. Weil es hierüber aber zuletzt keine Einigung gab, hat die Union Gespräche mit der Bundesregierung am Dienstag für gescheitert erklärt. Die Union fordert umfassende Zurückweisungen.
Wenn Deutschland jemandem die Einreise verweigert, dann ist der Betreffende nach wie vor in dem Nachbarland und eben nicht eingereist.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU)
Karner: „Da gibt es keinen Spielraum“
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte zuvor bereits Widerstand angekündigt. „Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden. Da gibt es keinen Spielraum“, sagte Karner der „Bild“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden. Da gibt es keinen Spielraum.
Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)
Darf Deutschland Zurückweisungen vornehmen?
Er argumentierte, dass Deutschland zwar das Recht habe, Menschen zurückzuschicken, wenn ein anderes EU-Land für ihren Asylantrag zuständig sei. Dafür sei aber ein formelles Verfahren und die Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaates nötig. Zurückweisungen im Rahmen von Kontrollen an den EU-Binnengrenzen seien nicht erlaubt.
Der CSU-Politiker fügte hinzu: „Entscheidend sind aber nicht nur die Kontrollen, sondern was daraus folgt, nämlich die konsequente Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen zurück in unsere sicheren Nachbarländer.“
Herrmann bekräftigte unterdessen die Unions-Forderung an die deutsche Ampelregierung, Zurückweisungen zu ermöglichen. „Wir brauchen schnelle Maßnahmen zur Begrenzung der massenhaften illegalen Einwanderung nach Deutschland. Grenzkontrollen gehören natürlich dazu.“
Nehammer: „... dann werden wir dagegen aufstehen ...“
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stellte unlängst im ORF-TV-Duell mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger klar: „Die deutsche Bundesregierung kann sich hierbei maximal auf eine Notstandsklausel berufen, die in der EU-Aufnahmerichtlinie vorhanden ist. Sollte sie das tun, wird Österreich das auch tun. Es kann ich nicht sein, dass der Druck auf Österreich abgeladen wird. Sollte Deutschland beginnen, hier durch eigenwillige Rechtsinterpretationen eine Unsicherheitslage zu schaffen, werden wir dagegen aufstehen und unsere Grenzen ganz klar schützen.“
Sollte Deutschland beginnen, durch eigenwillige Rechtsinterpretationen eine Unsicherheitslage zu schaffen, werden wir dagegen aufstehen und unsere Grenzen ganz klar schützen.
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Unterschied, wenn ein illegaler Migrant einen Asylantrag stellt
Gegen Menschen, die illegal die Grenze übertreten, könne man immer Rückweisungen vornehmen, außer, jemand stellt einen Asylantrag. „Dann gilt es, die Prüfung vorzunehmen. Dieses Recht bindet Österreich und Deutschland“, betonte Nehammer. Und der Kanzler fügte hinzu: „Sollte Deutschland jedoch die Bedingungen verändern und den Kontrolldruck auf Österreich erhöhen, werden wir entsprechend antworten, uns ebenfalls auf die Notstandklausel berufen und zurückweisen“.
Übrigens: Es ist nicht der erste Asylstreit zwischen Österreich und Deutschland bzw. zwischen Bayern und Wien. Damals hatten noch Sebastian Kurz und Horst Seehofer das Sagen. Die Streitigkeiten endeten jedoch spätestens nach wenigen Tagen bzw. Wochen immer mit einem amikalen Treffen vor laufender Kamera.
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