Das Weltmeister-Team Red Bull ist von der Erfolgsspur abgekommen und versucht unter Hochdruck, das Rad in den beiden WM-Titelkämpfen nochmals herumzudrehen. Nach sechs Grands Prix ohne Sieg macht sich eine Mischung aus Hoffnung, Verunsicherung und Verzweiflung breit.
Die Entwicklung wiegt umso schwerer, zumal es die Verantwortlichen des Teams McLaren gleichzeitig geschafft haben, sich vom Außenseiter den jüngsten Ergebnissen nach zur Nummer 1 in der Formel 1 hochzuarbeiten.
Am Ursprung der misslichen Lage von Red Bull steht das Auto beziehungsweise dessen Fahrverhalten. Angedachte Verbesserungen am RB20 vor den Grands Prix von Japan, der Emilia Romagna, Spanien und der Niederlande haben ins Leere geführt. „Wir haben ein Fahrzeug geschaffen, das überaus sensibel auf kleinste Veränderungen reagiert“, sagte Motorsport-Berater Helmut Marko.
Nicht nur Newey hat das Team verlassen
Der Gedanke daran, ob der zurückgetretene Chef-Designer Adrian Newey den Absturz hätte verhindern können, erübrigt sich für den Steirer. „Er war schon im Frühling nicht mehr in alle Einzelheiten der Fahrzeugentwicklung involviert.“ Auffällig sind die Rückschritte in einer Zeit, in der neben Newey mit Dan Fallows, Rob Marshall und Jonathan Wheatley wichtige Pfeiler im Erfolgskonstrukt das Team verlassen haben beziehungsweise verlassen werden.
Fallows, der einstige Leiter der Aerodynamik-Abteilung, ist jetzt für Aston Martin tätig. Marshall, der den Rennstall zusammen mit Marko aufgebaut hat, ist nach 17 Jahren in Diensten von Red Bull zu Rivale McLaren weitergezogen. Sportdirektor Wheatley verabschiedet sich Ende Saison und atmet ab kommendem Sommer bei der Equipe Audi/Sauber Luft als Teamchef.
Red Bull im Teufelskreis
Die Ausgewogenheit des Autos, die Balance, funktioniert nicht mehr. „Dies wiederum führt zu erhöhtem Reifenverschleiß“, ergänzte Marko. Teamchef Christian Horner nennt es einen Teufelskreis, in den die Equipe geraten ist. Die Schwierigkeit sei, dass die Behebung eines Problems in anderen Bereichen neue Probleme mit sich bringen würde.
Dazu gesellt sich die Frage, wo am Auto der Hebel anzusetzen ist. Die Suche nach dem Zeitpunkt, an dem die Entwicklungsarbeit in die falsche Richtung gelaufen ist, gestaltet sich schwierig. Marko sieht den Rückbau als Lösungsansatz. „Dann hoffen wir, dass wir den Punkt finden, an dem das Auto im Gleichgewicht war. Wenn wir das schaffen, wird auch das Verhalten des Wagens wieder kalkulierbar.“
Verstappen kennt so etwas nicht
Die Zeit drängt auch, um Verstappen bei Laune und – auf längere Sicht – im Team zu halten. Für den Niederländer hat sich das Auto in „ein Monster“ verwandelt, mit dem er nicht nur den Titel in der Team-, sondern auch in der Fahrerwertung in großer Gefahr sieht. In der Konstrukteurs-WM ist McLaren auf acht Punkte herangerückt, in der Fahrer-Wertung McLarens Lando Norris auf 62 Zähler. Acht Rennen und drei Sprints stehen noch aus.
Die im Verlauf der vergangenen Monate gewachsene Breite an der Spitze in der Formel-1-Hierarchie dürfte den Kampf um die WM-Krone beeinflussen. Hinter dem neuen Primus McLaren bewegen sich die Teams Mercedes und Ferrari auf Augenhöhe mit Red Bull. Deren Fahrer sind also in der Lage, sich vor Verstappen zu klassieren. Der hat seine Vorgabe zuletzt Schadensbegrenzung genannt. Die Erkenntnis, nicht zum Siegen befähigt zu sein, schmerzt einen wie ihn selbstredend sehr. „Das Ganze bringt mich nicht weiter. Ich will wieder Rennen gewinnen“, sagte er.
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