Die Tiroler Bergretter kamen auch in den vergangenen Tagen kaum zum Durchschnaufen. Immer mehr Bergfexe überschätzen sich selbst. Viele haben außerdem den Irrglauben, dass ihnen mit guter Ausrüstung nichts passieren könne. Die Realität zeigt ein anderes Bild.
„Die Tendenz geht in diese Richtung“, sagt Ulli Huber, Chef der Bergrettung Ginzling. „Einsätze, weil sich Wanderer oder Bergsteiger selbst überschätzen, nehmen zu.“
Kein ruhiger September
Üblicherweise ist es in Ginzling im September in Sachen Einsätzen ruhiger, weiß Huber. Heuer war dies jedoch nicht der Fall. Bergungen von Klettersteiggehern, Suche nach Vermissten, ein Nachteinsatz wegen verstiegener Personen im Bereich der Gungglplatte – Verschnaufpausen gab es kaum. Bewältigt haben die Ginzlinger Bergretter die Mammutaufgaben auch durch dank Mithilfe ihrer Kollegen aus Mayrhofen.
Die Häufung von Einsätzen jetzt im September sei auch dem Zufall geschuldet, meint Ulli Huber. Gleichzeitig erkennt er jedoch drei bedenkliche Tendenzen, die dazu beitragen, dass Menschen in Bergnot geraten.
Die beste Ausrüstung nützt mir halt nicht viel, wenn ich im Nebel nicht weiter weiß.
Ulli Huber, Ortsstellenleiter Bergrettung Ginzling
Auch mit guter Ausrüstung kann etwas passieren
Neben der Selbstüberschätzung, die zunimmt, würden immer mehr Alpinisten davon ausgehen, dass ihnen mit einer Topausrüstung nichts passieren könne. „Die beste Ausrüstung nützt mir halt nicht viel, wenn ich im Nebel nicht weiter weiß“, gibt Huber zu bedenken.
Problem Tourenplanung
Und dann würden einige die Tourenplanung zu wenig beherzigen. Auch hier sei tendenziell eine Zunahme zu erkennen. Die Konsequenz: Mehr Arbeit für die ehrenamtlichen Bergretter.
Natürlich hatten nicht nur die Ginzlinger Bergretter zuletzt enorm zu tun. In der Eng gab es den ersten Lawineneinsatz. Die Suche nach dem Verschütteten kann wegen der Lawinenlage wohl erst am Mittwoch wieder aufgenommen werden.
Einsatz in Osttirol
Und in der Lasörlinggruppe in Osttirol geriet ein Wanderer aufgrund des Neuschnees und wegen starken Windes mit frischem Triebschnee in eine Notlage. Tatkräftig unterstützt vom Notarzthubschrauber Christophorus 7 konnten Bergretter der Ortsstelle Defereggental den Wanderer schließlich in Sicherheit bringen.
Krone-Kommentar
Alle kennen das offene Geheimnis
Die Bergretter fragen nicht, warum sie jemanden in Bergnot helfen müssen. Sie tun es einfach und nicht wertend. Das ist gut so.
Wir müssen an dieser Stelle freilich schon fragen, warum Menschen trotz Schnee-, Lawinen und Wetterwarnung ins Hochgebirge aufbrechen. Warum viele offensichtlich meinen, ein Klettersteig sei ein besserer Spazierweg – und dann nicht mehr weiter kommen. Warum sie trotz Überforderung von Hütte zu Hütte marschieren und dann einen Notruf absetzen müssen.
Vielleicht verwechseln sie die Berge mit einem Disneyland, vertrauen auf ihre Bergekostenversicherung – sofern sie tatsächlich eine haben – oder gaben den Hausverstand seinerzeit im Supermarkt ab.
Dass dieses Klientel kontinuierlich zunimmt, ist ein offenes Geheimnis, das alle Beteiligten kennen.
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