„Jenseitige Vorwürfe“

Zu spät berichtet? ORF muss sich rechtfertigen

Am Küniglberg ist der Ärger über die anhaltende Kritik an der ORF-Berichterstattung zur Unwetterkatastrophe groß. Den Stein ins Rollen brachte ein bekannter Meteorologe, der dem öffentlich-rechtlichen Sender Verharmlosung der Situation vorwarf.

Hat der ORF zu spät breite Programmänderungen vorgenommen, um die Bevölkerung vor den herrschenden Unwettern zu warnen? Fakt ist, lange Livestrecken gibt es erst seit Sonntagmittag. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits ganze Regionen unter Wasser. Gegen diese Darstellung wehrt sich der ORF nun.

Doch von vorne: Besonders in Niederösterreich ist die Situation heikel, mehrere Dämme sind bereits gebrochen, drei Todesopfer sind zu beklagen. Ausgerechnet der ORF-Wettermoderator des niederösterreichischen Landesstudios beschrieb das drohende Unwetter am Donnerstag als „fad“. Potenzielle Gefahren oder Auswirkungen auf Leib und Leben fanden in dem Beitrag keinen Platz.

Kachelmann löste Welle der Empörung aus
Der bekannte Meteorologe Jörg Kachelmann bezeichnete den ORF-Wetterbericht noch am selben Tag als „verbrecherisch“. „Die tun so, als ob 300 mm Regen nur eine kleine Inkonvenienz sei, kein Wort von den Auswirkungen und ein kleiner Schmäh dazu, ist ja bald vorbei.“ Kleinere Sondersendungen gibt es seit Samstag im ORF. Am Wochenende ergänzte Kachelmann: „In zivilisierten Ländern, in denen nicht allen alles einerlei wäre, was Daseinsvorsorge betrifft, hätte das etwa seit letzten Mittwoch stattgefunden.“

Der ORF will das nicht auf sich sitzen lassen. Der Sender hätte seit Mittwoch vergangener Woche in allen Nachrichtensendungen groß über die bevorstehende Wetterlage inklusive Wetterwarnungen berichtet, erklärte Johannes Bruckenberger, Teil der Chefredaktion im ORF-Newsroom. „Mit der zunehmend prekären Hochwasserlage am Sonntag hat ORF2 zu Mittag eine Live-Strecke mit aktuellen News, Entwicklungen und Analysen gestartet.“

ORF moniert „jenseitige“ Vorwürfe
Vor dem von Kachelmann kritisierten Wetterbericht, der tatsächlich etwas lapidar daherkam, habe es drei Berichte zu den angekündigten Unwettern gegeben, verteidigte auch „Zeit im Bild“-Newsanchor Martin Thür die Berichterstattung seines Senders. Auf der Plattform X schrieb der Moderator: „Seit Mittwoch waren die zu erwartenden Unwetter Aufmacher bei Niederösterreich heute, an manchen Tagen bis zu drei Beiträge. Auch die ZIB1 hatte am Mittwoch Aufmacher und Live dazu.“

Martin Thür hat für die Kritik wenig Verständnis:

Richtung Kachelmann und Co. ließ Thür ausrichten: „Vielleicht hilfreiche Fakten für jene, die ehrliches Interesse statt Lust an Empörung haben.“ Bruckenberger zufolge nehme der ORF Kritik sehr ernst, gegen „ungerechtfertigte Pauschalkritik“ wehre man sich hingegen. ORF-NÖ-Direktor Alexander Hofer teilte mit: „Der erhobene Vorwurf ist so jenseitig, dass er sich von selbst ad absurdum führt.“

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