Seit Montag kontrolliert Deutschland – mindestens für sechs Monate – alle Außengrenzen. Griechenland zeigt sich darüber alles anderes als erfreut. „Das Tauziehen mit Berlin und der Albtraum von 2015“, befürchtet etwa die Athener Tageszeitung „Kathimerini“ eine europäische Kettenreaktion von Grenzschließungen, ähnlich der, die 2015 zur großen Flüchtlingskrise führte. Bereits vor Tagen kritisierte der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis das Vorgehen Deutschlands heftigst.
Deutschland will durch verstärkte Grenzkontrollen mehr Flüchtlinge abweisen und rückführen – auch nach Österreich. Das sorgt für Unmut. Nicht nur in Wien, sondern vor allem in Athen. Für viele Migranten aus dem Nahen Osten ist Griechenland nämlich die erste Station in Europa.
Griechenland: Sorge vor mehr Migranten im Land
Durch verstärkte Rückführungen von Menschen, die Asyl in Griechenland bekommen oder dort einen Antrag gestellt haben, aber nach Deutschland weitergereist sind, aber auch verringerte Sozialleistungen für Asylsuchende sowie Zurückweisungen an den deutschen Grenzen könnten die Zahl der Migranten in Griechenland wieder stark steigen, heißt es in einem Bericht der griechischen Zeitung „Kathimerini“.
„Dominoeffekt“ für Erstaufnahmeländer
Auch die Zeitung „Apogevmatini“ spart nicht mit Kritik an Deutschland. Sie titelt: „Deutschland sprengt Schengener Abkommen“ und prophezeit einen „Dominoeffekt“ für Erstaufnahmeländer wie Griechenland.
„Deutschland schließt Grenzen, Erdogan öffnet die Schleusen. Besorgnis über die neue Migrationskrise“, stößt auch die Zeitung „Eleftheros Typos“ in dasselbe Horn.
Zeitung fordert Allianz mit Österreich und Co.
Und „To Vima“ titelt: „Geschlossene Grenzen, offene Wunden“ und berichtet, dass Griechenland die Rückkehr von Migranten nicht akzeptieren wird und bereits dabei ist, Allianzen mit den Regierungen von Österreich, Polen, aber auch Spanien, Bulgarien und Malta zu schmieden.
Mitsotakis sauer auf Deutschland
Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hatte die Entscheidung der deutschen Bundesregierung, Kontrollen an den Grenzen einzuführen, bereits vor Tagen kritisiert.
Regierungssprecher Pavlos Marinakis sagte dem TV-Sender Antena: „Ich möchte, dass das klar und deutlich ist: Griechenland wird nicht der Boxsack anderer Länder sein. Wir sind nicht jenes Land, das Probleme löst, die andere europäische Länder meiner Ansicht nach durch falsche Politik verursacht haben.“
Griechenland wird nicht der Boxsack anderer Länder sein. Wir sind nicht jenes Land, das Probleme löst, die andere europäische Länder meiner Ansicht nach durch falsche Politik verursacht haben.
Der griechische Regierungssprecher Pavlos Marinakis
Griechenland will Grenzschutz zur Türkei stärken
Athen kündigte nun an, den Zaun am türkisch-griechischen Grenzfluss Evros noch weiter verlängern und mindestens 150 zusätzliche Grenzschützer einstellen zu wollen. Dabei solle die EU helfen, hatte Mitsotakis jüngst gefordert. Bürgerschutzminister Michalis Chrysochoidis betonte, Griechenland schütze mit den Maßnahmen nicht nur griechische, sondern auch europäische Grenzen. „Wir halten die jüngste EU-Asylreform und auch die Regeln des Schengen-Raums ein“, sagte er bei einem Besuch der Grenze.
Die Zahlen der ankommenden Migranten in anderen Ländern ging laut EU-Grenzschutzagentur Frontex in diesem Jahr zurück. Griechenland dagegen verzeichnete einen Anstieg um fast 40 Prozent auf rund 37.000 Menschen seit Jahresbeginn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die wenigsten gelangen jedoch über die Landesgrenze von Türkei nach Griechenland – laut UN-Flüchtlingshochkommissariat waren es dieses Jahr bisher rund 5000 Migranten.
Per Boot in die EU
Mehr als 30.000 irregulär Einreisende kamen hingegen von der türkischen Westküste per Boot auf den griechischen Inseln der östlichen Ägäis an. Außerdem stieg auch die Zahl jener, die sich direkt aus Libyen per Boot in Richtung Kreta auf den Weg machten – dort kamen bisher in diesem Jahr rund 3000 Menschen an.
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