In einem kleinen Saal in Boston besuchte Musikkritiker Jon Landau 1974 ein Konzert von Sängerin Bonnie Raitt. Besonders beeindruckte ihn aber der weitgehend unbekannte 24 Jahre alte Sänger im Vorprogramm. „Ich habe die Zukunft des Rock‘n‘Roll gesehen – und sie heißt Bruce Springsteen“, schrieb der „Rolling Stone“-Kritiker nach dem Konzert. Kurz darauf wurde Landau Manager des jungen Musikers – und Springsteen, der heute, am 23. September, 75 Jahre alt wird, bald zum Weltstar.
Rund ein halbes Jahrhundert später ist die Liste seiner Hits und Auszeichnungen lang, viele seiner Songs – zum Beispiel „Born To Run“ oder „Born In The U.S.A.“ – sind längst Klassiker und Springsteen füllt weltweit immer noch die großen Stadien. Gerade erst hat er mit seiner E Street Band eine Europatournee abgeschlossen, bis Ende des Jahres sind bereits Konzerte in den USA und Kanada geplant und für 2025 schon wieder Auftritte in Europa terminiert. Gesundheitlich lief nicht alles rund bei Springsteen in den vergangenen Monaten, immer wieder gab es Probleme mit der Stimme und mit Magengeschwüren. Einige Konzerte mussten verschoben werden – aber wenn er dann auf der Bühne stand, merkte man dem Musiker mit dem Spitznamen „The Boss“ (hervorgegangen aus einem Scherz unter den Musikern der E Street Band und hängengeblieben) nichts an.
Zuflucht in der Musik
Geboren wurde Springsteen 1949 in dem Küstenstädtchen Long Branch im US-Bundesstaat New Jersey in einfache Verhältnisse hinein. Seine Kindheit in der irisch-italienischstämmigen Großfamilie beschrieb Springsteen später viel in seinen Songs – der Vater oft cholerisch, betrunken oder depressiv, die Mutter in ständiger Bemühung, die Familie zusammenzuhalten. Schon als Kind bekam Springsteen seine erste Gitarre – und fand in der Musik Zuflucht und Ausweg. Bis heute gilt der Musiker als Stimme der Arbeiterklasse und Chronist Amerikas.
Seine ersten beiden Alben nach dem Plattenvertrag verkauften sich allerdings nur mäßig – erst „Born To Run“ machte ihn 1975 zum Weltstar. Rund zehn Jahre später kam „Born In The U.S.A.“ und verkaufte sich mehr als 30 Millionen Mal. Viele Politiker, darunter der republikanische Präsident Ronald Reagan, deuteten den Titelsong gern als patriotische Hymne auf die USA, obwohl es eine bittere Abrechnung mit dem Vietnam-Krieg war und ist.
Seit jeher politisch
Überhaupt war und ist Springsteen, der zum zweiten Mal verheiratet ist, drei Kinder und ein Enkelkind hat, politisch. Seit Jahrzehnten engagiert er sich regelmäßig im Wahlkampf für die Demokraten. „Ich bin der Präsident, aber er ist der Boss“, sagte Barack Obama einmal während seiner Amtszeit. Bis heute sind beide eng befreundet und haben unter anderem schon Bücher und Podcasts zusammen herausgebracht.
Vor allem aber rockt Springsteen weiter – und das auch nach dutzenden Alben, Hits und Auszeichnungen. Zuletzt brachte er 2022 das Album „Only The Strong Survive“ heraus, nachdem er zuvor seine Autobiografie veröffentlicht hatte und in New York hunderte Male mit seiner Show „Springsteen On Broadway“ gefeiert wurde. Außerdem arbeitet er viel mit jüngeren Musikstars zusammen. Das große Arbeitspensum sei immer auch ein Mittel gegen Depressionen gewesen, gegen die er vielfach angekämpft habe, gab Springsteen zuletzt noch einmal im Interview mit dem Magazin „New Yorker“ offen zu. „Ich hatte schon vor einiger Zeit die Nase voll von mir und wollte mich selbst verlieren. Also bin ich jeden Abend auf die Bühne gegangen, um genau das zu tun.“
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