Jene Mutter, die ihren damals 12-jährigen Sohn im Waldviertel beinahe zu Tode gequält hatte, will heute Strafminderung. Die 33-Jährige und ihre Komplizin fassten im Vorjahr im Mordversuchs-Prozess in Krems (NÖ) 20 beziehungsweise 14 Jahre Haft aus. Mit ihrer Berufung blitzen sie in der kurzen Verhandlung ab.
Der Fall aus dem Waldviertel schockierte das ganze Land: Eine 33-jährige hatte ihren Sohn zumindest von Juli bis November 2022 unter anderem geschlagen, gefesselt, geknebelt und wiederholt über Stunden in eine Hundebox gesperrt. Zudem ließ sie das Kind hungern. Anfang März 2023 klickten dann für ihre 40-jährige Komplizin die Handschellen. Diese soll detailreiche Anweisungen zur Misshandlung des Kindes gegeben haben.
Ende Februar 2024 fand der Prozess gegen die beiden Frauen statt. Die Mutter wurde wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung zu 20 Jahren Haft verurteilt. Ihre Komplizin fasste 14 Jahre aus. Beide Frauen gingen in Berufung, die am Donnerstag am Oberlandesgericht Wien über die Bühne geht.
Opfer bekam erst 500 Euro von den Täterinnen
Um 9:30 Uhr werden die Frauen, die ihre Strafe in Asten absitzen, im Justizpalast vorgeführt. Ihre Blicke sind eisern. „Meine Mandantin versucht, Schadenswiedergutmachung zu leisten“, sagt Anwältin Astrid Wagner, die die Mutter vertritt. Allerdings konnte die Frau seit ihrer Verurteilung erst 500 Euro überweisen. Die Anweiserin, selbst vierfache Mutter, hat indes noch keinen einzigen Euro an das Opfer überwiesen.
Wagner erklärt dem Berufungssenat, warum die Horror-Mutter um Strafmilderung kämpfe: „Sie ist eine hilflose Persönlichkeit. Die fürchterlichen Taten waren nur in dieser Kombination möglich. Alleine hätte sie das nicht zustande bekommen“, sagt die Rechtsanwältin, die zudem auf die Unbescholtenheit ihrer Mandantin verweist.
Daniel Strauss, der neue Anwalt der Komplizin, sieht bei seiner Mandantin die Milderungsgründe als „erheblich überwiegend“ an. Auch, weil die 40-Jährige nie selbst Hand an dem Opfer angelegt hätte.
„Ich möchte schon noch etwas sagen“, sagt die Mutter in der Verhandlung und wirkt dabei klar und ehrlich. „Mir tut es wirklich von Herzen leid, was ich meinem Sohn und meiner Familie angetan habe.“ Auch die Komplizin meldet sich zu Wort. Wie schon im Prozess wirken ihre Worte gestellt. Mit übertrieben lieblicher Stimme entschuldigt auch sie sich und beteuert, bald Zahlungen tätigen zu wollen.
Bub hatte nur noch 26,8 Grad Körpertemperatur
Die Verhandlung verläuft schnell, nach nur 25 Minuten zieht sich der Berufungssenat unter dem Vorsitz von Richterin Natalia Frohner zur Beratung zurück. Nur wenige Minuten später steht fest: Die beiden Frauen blitzen mit ihrer Berufung ab. Es sei eine Tat gewesen, „die viele Menschen erschüttert hat“, so die Richterin. „Durch ihre Grausamkeit, die Fortsetzung über längere Zeit und die Art der Tatbegehung.“ – Der abgemagerte und unterkühlte Bub hatte, als er endlich ins Krankenhaus eingeliefert wurde, eine Körpertemperatur von 26,8 Grad. Die niederschmetternden Ausführungen der Richterin nehmen die beiden Frauen reglos hin.
Die fürchterlichen Taten waren nur in dieser Kombination möglich. Alleine hätte sie das nicht zustande bekommen.
Astrid Wagner verteidigt die Mutter.
Bild: Bartel Gerhard/Gerhard Bartel
Ermittlungen gegen zwei Sozialarbeiter laufen noch immer
Der Fall ist auch abseits der Berufungsverhandlung noch nicht abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Krems ermittelt noch gegen zwei Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft (BH) Waidhofen a. d. Thaya. Im Raum stehe der Verdacht des Amtsmissbrauchs.
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