Lange Haft für Wiener

Vater schiebt Raubüberfälle auf 14-jährigen Sohn

Gericht
19.09.2024 13:47

Im Wiener Landesgericht liefert ein 34-Jähriger eine Verantwortung, die an Absurdität schwer zu übertreffen ist: Nicht er hätte die Idee für zahlreiche Raubüberfälle auf Trafiken und Tankstellen gehabt, sondern sein gerade einmal 14-jähriger Sohn und dessen älterer Freund. Von den Prozessbeteiligten kann er davon aber niemanden überzeugen und auch der Wiener selbst knickt schließlich ein – und fasst acht Jahre Haft aus.

Es ist eine durchaus außergewöhnliche Konstellation von Angeklagten, die im Saal 1 im Landesgericht Wien vorgeführt wird: „Was dem Erstangeklagten im Endeffekt vorgeworfen wird, ist, dass er seinen erst 14-jährigen Sohn und dessen besten Freund zu einer Raubserie angestiftet und auch angeleitet hat“, fasst der Staatsanwalt zusammen. 

„Wir sprechen von allerschwerster Kriminalität“
Sieben Überfälle auf Trafiken und Tankstellen plante der 34-Jährige und ließ sie schließlich von den zwei Jugendlichen ausführen. „Der Modus Operandi blieb im Wesentlichen gleich. Man schickt die Kinder rein und der Vater fährt das Fluchtauto“, schildert der Ankläger. „Wir sprechen hier vom Bereich der allerschwersten Kriminalität.“ Verwendet wurden Sturmmasken, Messer und auch eine Schreckschusspistole, erbeutet meist um die 1500 Euro.

Der Vater (34) (re. mit seinem Anwalt) und die zwei Burschen werden aus der U-Haft vorgeführt. (Bild: Sophie Pratschner, Krone KREATIV)
Der Vater (34) (re. mit seinem Anwalt) und die zwei Burschen werden aus der U-Haft vorgeführt.

Und als wäre die Anklage der Staatsanwaltschaft nicht schockierend genug, legt der Wiener in seiner Vernehmung noch einen drauf: Denn nicht er hätte die Idee für die zahlreichen Raubüberfälle gehabt – sondern sein Sohn und dessen 17-jähriger Freund. Überhaupt sei er nur bei zwei Angriffen in Trafiken dabei gewesen. Sein Verteidiger – der auch den 14-Jährigen vertritt – führt weiter aus: „Der Erstangeklagte hat die zwei Kinder nicht für die Überfälle gebraucht. Es ist genau andersherum. Die zwei haben ihn überredet.“ Die Aussage erntet ungläubige Blicke aus Publikumsreihen und Schöffensenat ...

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Warum ziehen Sie ihren Sohn da so hinein? Ich würde alles tun, um meine Kinder so weit wie möglich da raus zu halten. Das zerstört sein Leben. Ich finde das unverständlich.

Schöffin im Wiener Landesgericht

Der 34-Jährige redet sich jedoch weiter um Kopf und Kragen. Auch, als er mit Handyauswertungen konfrontiert wird, die nachweisen, dass er beim Tatort war oder damit, dass er die Tatwaffe zu Hause hatte – es seien alles die Burschen gewesen. Eine Schöffin spricht schließlich das aus, was sich wohl jeder andere in dem Saal denkt: „Warum ziehen Sie ihren Sohn da so hinein? Ich würde alles tun, um meine Kinder so weit wie möglich da raus zu halten. Das zerstört sein Leben. Ich finde das unverständlich.“ Beantworten kann der Wiener die Frage nicht ...

Anwalt Nikolaus Rast verteidigt den drittangeklagten 17-Jährigen, der von Anfang an geständig war. (Bild: Klemens Groh)
Anwalt Nikolaus Rast verteidigt den drittangeklagten 17-Jährigen, der von Anfang an geständig war.

Zur Verantwortung des Vaters kann Anwalt Nikolaus Rast, er verteidigt den Drittangeklagten und nicht verwandten 17-Jährigen, nur eines sagen: „Ich bin selten sprachlos. Genau so, wie es der Staatsanwalt gesagt hat, ist es passiert. Die tragende Rolle haben die beiden Jugendlichen sicher nicht gespielt und das ist jedem hier im Saal klar.“

Sinneswandel nach Verhandlungspause
Das dürfte nach einer kurzen Verhandlungspause auch bei dem 34-Jährigen angekommen sein, denn bevor sein Sohn aussagen kann, möchte er noch etwas ergänzen. Und siehe da: „Ich bekenne mich voll umfassend schuldig.“ Sonst möchte er aber keine Fragen mehr beantworten. Der beisitzende Richter kann sich nicht verkneifen: „Eineinhalb Stunden früher, hätten Sie uns sehr viel Zeit erspart.“ 

Trafikantin leidet an „massiven Folgeerscheinungen“
Die zwei Burschen tun es ihm gleich; der Prozess, der für zwei Tage angesetzt war, kann nun erheblich abgekürzt werden. Denn auch Zeugen bzw. Opfer werden keine mehr gebraucht – angesichts der psychischen Belastung einiger wohl eine Erleichterung. Der Opfervertreter einer Trafikantin spricht von „massiven Folgeerscheinungen“ seiner Mandantin. Sie hätte aufgrund eines Krankenstands nach dem Raubüberfall nicht nur ihren Job verloren, sondern müsse auch Medikamente zum Schlafen und gegen Angstzustände nehmen. „Sie ist stolz auf sich, dass sie überhaupt wieder in eine Trafik gehen kann“, verdeutlicht der Anwalt.

Die Urteile gegen die drei Wiener sind schnell gefällt: Der 34-Jährige fasst nicht rechtskräftig acht Jahre Gefängnis aus. Sein mittlerweile 15-jähriger Sohn wird zu dreieinhalb Jahren, davon eines fest verurteilt. Der beste Freund zweieinhalb Jahre teilbedingt, davon zehn Monate in Haft. Mildernd war bei ihnen das Geständnis – auch, wenn es beim Erstangeklagten ein bisschen auf sich warten hat lassen ...

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