Wenn eine Klarstellung für Verwirrung sorgt: In der letzten Nationalratssitzung der laufenden Periode wurde eine kleine Novellierung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes beschlossen, die für großen Wirbel sorgt – und wohl doch nicht kommen wird. Die ÖVP stimmte beim Änderungspunkt, der Gleichstellung von Frauen und Männern, nämlich nur versehentlich zu.
Eine peinliche Polit-Posse in der letzten Parlamentssitzung vor der Nationalratswahl: Die ÖVP, immerhin Kanzlerpartei, stimmte einer Novellierung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes versehentlich zu. Gegolten hätte die Novelle zumindest vorerst „nur“ für Bundesbeamte. Enthalten hätte die Novelle Änderungen betreffend der „Gleichstellung und Gleichbehandlung von Frauen und Männern“.
Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG) existiert in Österreich seit 1993. In der Vergangenheit wurde das B-GlBG bereits mehrfach novelliert, unter anderem um EU-rechtliche Entwicklungen abzubilden. Das B-GlBG befasst sich mit der Gleichbehandlung aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters und der sexuellen Orientierung.
Der Passus sollte auf die Gleichbehandlung und Gleichstellung „aufgrund des Geschlechts“ geändert, der Geschlechtsbegriff wiederum nicht mehr nur über das Geschlechtsmerkmal, sondern auch über „Geschlechteridentität, Geschlechterrolle und Geschlechtsausdruck geregelt“ werden. Auch die „sozialen Dimensionen“ des Geschlechts sollten berücksichtigt werden.
Änderungen, die auch bei den Grünen für Wirbel gesorgt haben. Die Wiener Nationalratsabgeordnete Faika El-Nagashi blieb der Abstimmung sogar extra fern. Verwunderung herrschte rund ums Parlament vor allem wegen der Zustimmung der konservativen ÖVP. Bis die Kanzler-Partei am Donnerstag zurückruderte.
„Die Volkspartei lehnt die im Zuge der Dienstrechtsnovelle beschlossene Anpassung bei der Geschlechtsdefinition entschieden ab. Die ursprüngliche Geschlechtsdefinition wäre vollkommen ausreichend gewesen, eine Änderung der Rechtslage war unnötig. Leider ist mit der Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes am Mittwoch im Verlauf des letzten Sitzungstages des Nationalrates vor der Wahl eine Bestimmung mitbeschlossen worden, die wir entschieden ablehnen“, hält ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl fest.
Die Dienstrechtsnovelle sei davon ausgenommen, aber laut Gerstl ein hervorragendes Gesamtpaket – welches insbesondere im Interesse der Pädagoginnen und Pädagogen ist. „Bei der konstituierenden Sitzung werden wir den Fehler betreffend Geschlechtsdefinitionen reparieren“, so Gerstl weiter.
Fest steht: Die versehentlich beschlossenen und bald wohl „reparierten“ Änderungen tragen der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Rechnung. Der VfGH befasste sich 2018 mit Intersexualität. In seiner Erkenntnis stützte sich der VfGH auf die Stellungnahme der Bioethikkommission sowie auf die europäische Menschenrechtskonvention.
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft hätte die Änderung begrüßt: „In Wahrheit wäre das Gesetz dem nachgezogen, was geltende Rechtslage ist – für Männer, Frauen, Trans- und Inter-Personen. Das ist keine Abkehr von Frauenpolitik, sondern hätte den Zugang zum Recht für alle verbessert“, so Leiterin Sandra Konstatzky.
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