Aufregung in Favoriten. Diakonie und Stadt Wien starten ein bisher einzigartiges Projekt mit geflüchteten Familien. Einquartiert werden sie in einem nagelneuen und top ausgestatteten Wohnbau, der bis vor Kurzem privat vermietet werden sollte. Was steckt dahinter?
Große Verunsicherung herrscht rund um die Favoritenstraße 185 im 10. Bezirk. An dem Standort ist eine privat finanzierte Wohnanlage mit mehr als 110 Wohnungen entstanden. Jetzt ziehen in der Liegenschaft Flüchtlinge ein, wie Anrainer gerüchteweise erfahren haben. Und das stimmt auch. Der Fonds Soziales Wien (FSW) und die Diakonie starten ein für Wien neuartiges Pilotprojekt, wie „Krone“-Recherchen ergaben.
Bereits in den nächsten zwei Wochen werden die ersten Bewohner Quartier beziehen. Allesamt asylberechtigt und arbeitsfähig, so die Diakonie. Auch Familien sollen zusammengeführt werden.
„Sämtliche erwachsenen Bewohner unterzeichnen einen Betreuungsvertrag, in dem sie sich verpflichten, an Integrationsmaßnahmen, Spracherwerb und Arbeitssuche aktiv teilzunehmen“, teilt die Diakonie mit. Im Haus soll es Beratung und Fortbildung geben.
„Aber warum wieder bei uns? Favoriten ist ja ohnehin schon ein Hotspot an Migranten“, fragt eine besorgte „Krone“-Leserin. Die Frage ist berechtigt. Noch Ende Jänner hatten Immobilienvermarkter die Ein- bis Vierzimmerwohnungen vollmundig angepriesen: Beste Verkehrslage, alle Einheiten verfügen über Klimaanlage und private Freiflächen in Form von Eigengärten, Balkonen oder Terrassen. Ein Luxus, den viele Mindestpensionisten nicht haben.
Auch auf der Plattform willhaben.at wurden einige der top ausgestatteten Einheiten – teils schöne Lofts mit Dachterrassen – beworben. Mittlerweile sind die Inserate gelöscht.
Dennoch fanden sich offenkundig keine Mieter. Weil es zu teuer war, mutmaßen Anrainer. Laut Stadt Wien hat der Eigentümer – eine erfolgreiche Unternehmerfamilie – die Liegenschaft jetzt der Diakonie zur Verfügung gestellt. Besser gesagt: Die Diakonie hat die gesamte Liegenschaft gemietet, wie ein Sprecher der Eigentümerfamilie der „Krone“ bestätigt. Kann sich die Diakonie das ohne Unterstützung der öffentlichen Hand leisten?
„Die Familien bezahlen den Wohnraum selbst“, heißt es aus dem Sozialressort des Rathauses. Fragt sich, ab wann sie das tun, wenn zumindest ein Teil der Bewohner erst für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden muss. Fest steht: Das Projekt und damit die Wohnungsbelegung sind auf 18 Monate angelegt.
Die Antworten lassen einige Fragen offen. Wir bleiben dran.
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