Lange unterschätzt, spätestens seit dem Social-Media-Boom aber offensichtlich: Auch Worte können töten. Das Linzer Theater Phönix zeigt das mit dem neuen Stück „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ auf. Die Inszenierung ist voller Überraschungen, könnte aber aktueller sein.
Das Thema ist brisant: Eine Unbescholtene wird kriminalisiert, was zu einem fatalen Ausgang führt. Heinrich Bölls Erzählung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, erschienen 1974, gilt heute als Schulbuchklassiker und hat nichts an Aktualität verloren.
In der Inszenierung von Bernd Liepold-Mosser wird alles in eine Karneval-Party verpackt. Daraus schält er immer wieder Szenen, die die Handlung vorantreiben. Ein paar Textkürzungen hätten aber nicht geschadet.
Eine Frau im Visier der Männer
Da ist Katharina Blum, die sich gegen Unterstellungen und Zudringlichkeiten wehrt. Dort ist der neugierige Journalist, der sich eine Story zurecht schreibt. Und es gibt Verhörsituationen und Seitenblicke auf ein Anwaltsehepaar, bei dem die Blum als Haushälterin arbeitete. Alles wird in Mini-Szenen verpackt, die teils skurril daherkommen.
Internet-Dynamik bleibt ausgeblendet
Und: Immer wieder tritt jemand vor die Kamera, die auf der Bühne steht, und spricht hinein. Das Live-Bild wird im hinteren Teil der Bühne groß projiziert. Die Aktualität der Inszenierung liegt darin, dass eine Gesellschaft eine Schuldige unerbittlich sucht, eine „Hetzjagd“ entflammt, die aber erst Gewalt entstehen lässt. Dynamiken wie Clickbaiting und Verleumdungen auf Social Media bleiben aber von Liepold-Mosser ausgeblendet.
Sebastian Pass als Gastschauspieler hebt sich im Ensemble hervor, er fasziniert mit seiner Wandelfähigkeit, er taucht tief in seine Rollen als Kriminalassistent und Journalist ein. Gina Christof ist eine Katharina Blum, der man lange nicht anmerkt, dass es in ihr kocht. Lukas Weiss gibt den beinharten, durchtriebenen Ermittler; Martin Brunnemann und Karina Pele spielen das Anwaltspaar, das nur eigene Interessen verfolgt.
Eine interessante Wiederbelebung eines Literatur-Klassikers.
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