Chef beteuert Unschuld
Pager-Explosionen: Taiwan leitet Ermittlungen ein
Im Zusammenhang mit der Frage nach der Herkunft der im Libanon explodierten Pager hat die taiwanesische Staatsanwaltschaft Ermittlungen im Umfeld von möglichen Herstellerfirmen eingeleitet. Dabei im Fokus: Der Chef des taiwanesischen Unternehmens Gold Apollo, der nach eigener Aussage selbst von den Vorgängen überrascht wurde.
Zwei Personen, darunter der Chef der Firma Gold Apollo, Hsu Ching-Kuang, wurden als Zeugen befragt, wie taiwanesische Ermittler am Freitag mitteilten. Bei der Explosion der Pager von Hisbollah-Mitgliedern waren am Dienstag mindestens zwölf Menschen getötet und 2800 verletzt worden.
Gold Apollo geriet in den Fokus, nachdem die „New York Times“ berichtet hatte, Israel habe Sprengstoff in eine Lieferung von Pagern des Unternehmens eingebaut. Hsu hatte eine Verbindung seiner Firma mit den Geräten bestritten; diese seien von Lizenznehmern in Europa hergestellt worden. Neuen Erkenntnissen zufolge soll es sich dabei um Scheinfirmen des Mossad gehandelt haben.
Hausdurchsuchungen in Taipeh
Den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge wurden Hsu und eine Frau von einer weiteren Firma am Donnerstag mehrfach befragt und anschließend entlassen. Die Ermittler würden „so schnell wie möglich klarstellen“, ob taiwanesische Firmen in die Explosionen involviert waren oder nicht. Demnach wurden in Taipeh zudem vier Räumlichkeiten untersucht, die sich in Stadtvierteln befinden, in denen Gold Apollo und Apollo Systems ansässig sind.
Taiwanesischen Medien zufolge hat die befragte Mitarbeiterin von Apollo Systems, die als Wu Yu-jen oder Teresa Wu bezeichnet wurde, Verbindungen zur ungarischen Firma BAC Consulting Kft. BAC habe die Pager, die später im Libanon explodierten, hergestellt, wie Gold Apollo am Mittwoch erklärte. Gold Apollo habe eine „langfristige Partnerschaft“ mit der in Budapest ansässigen BAC aufgebaut, um seine Marke zu verwenden, hatte das Unternehmen mitgeteilt. Das in den Medienberichten erwähnte Modell werde „von BAC hergestellt und verkauft“.
Ungarn weist Verbindungen von sich
Ein Sprecher der ungarischen Regierung erklärte daraufhin, BAC verfüge über keinerlei Produktionsniederlassung in Ungarn. Die Chefin des sich auf der Website als Consultingfirma präsentierenden Unternehmens bestritt gegenüber dem US-Sender NBC ebenfalls, die Geräte hergestellt zu haben und erklärte, lediglich als Zwischenhändlerin zu arbeiten. Die Homepage von BAC Consulting wurde kurz nach der Öffentlichmachung des Bezugs zu den Pagern vom Netz genommen.
Ungarischen Medienberichten zufolge ist die laut ungarischem Firmenbuch 2022 gegründete Firma in einem Einfamilienhaus in Budapest eingetragen, gemeinsam mit einer Reihe anderer Firmen. Sie hat demnach an Ort und Stelle weder Büroräumlichkeiten noch Vertreter.
Auch in Bulgarien gab es Ermittlungen im Zusammenhang mit den Pager-Explosionen. Der Geheimdienst untersuchte laut eigenen Angaben die mögliche Verwicklung einer in Sofia ansässigen Firma namens Norta Global. Dieses laut bulgarischem Firmenbuch ebenfalls 2022 gegründete Unternehmen besitzt laut Medienberichten – wie auch BAC in Budapest – kein eigenes Büro, sondern ist an einer gemeinsamen Adresse mit fast 200 anderen Unternehmen gemeldet. Der bulgarische Inlandsgeheimdienst DANS bestätigte am Freitag, dass die im Libanon verwendeten Pager weder nach Bulgarien eingeführt, noch von dort ausgeführt, noch dort hergestellt wurden.
Drittfirma beendete Online-Auftritt
Inhaber von Norta Global soll laut Firmenbuch ein in Norwegen ansässiger Mann sein. Die der Firma zuordenbare Webseite globalnorta.com war am Freitag nicht mehr aufrufbar. Der in Oslo lebende Firmengründer wollte sich gegenüber Reuters am Telefon nicht äußern und legte auf. Sein Arbeitgeber, das norwegische Medienhaus DN Media, betonte gegenüber der Nachrichtenagentur, man habe von den Berichten erfahren und die Polizei verständigt. Der Mann soll in die USA ausgereist sein.
Medien berichteten auch über eine Spur nach Österreich. Ein Vertreter der ungarischen Firma BAC Consulting Kft, die die Pager entworfen und gefertigt habe, sitze in Österreich, sagte Gold Apollo-Vorstand Hsu laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Diesen österreichischen Vertreter namens „Tom“ habe Hsu aber niemals persönlich getroffen, sondern lediglich per Video mit ihm konferiert. Der Mann habe eine Produktion von Pagern aufgezogen, die das Logo von Gold Apollo getragen hätten.
Verwirrung um Verbindung nach Österreich
Er habe aber „seit fast drei Jahren“ nicht mehr an „Tom“ geliefert, so Hsu. Unklar blieb zunächst, wie sich „Tom“ als Vertreter einer Firma ausgeben konnte, die offenbar erst deutlich später in Ungarn gegründet wurde. Der „New York Times“ zufolge plante der Mossad die Aktion seit Jahren. Israel selbst hat sich aber noch nicht zu der Angriffswelle bekannt.
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