Verpflegung mangelhaft

Wann gibt es endlich gesundes Schulessen?

Innenpolitik
21.09.2024 06:00

Die mangelhafte Mittagsverpflegung bleibt ein Dauerthema – leider mit fahlem Nachgeschmack. Denn eine Verbesserung ist nicht in Sicht.

Kaum etwas ist für die Entwicklung von Kindern so entscheidend wie die richtige Ernährung. Weiß doch jeder, würde man meinen. Aber nicht alle halten sich daran – und offenbar am wenigsten unsere Schulen. Wer einen Blick auf deren Mahlzeiten wirft, dem bietet sich ein trauriges Bild. In den meisten Einrichtungen speist man Kinder und Jugendliche mit Gerichten ab, die wenig mit den Grundsätzen moderner Diätologie zu tun haben.

Zum Standardrepertoire gehören Berner Würstel, gebackener Leberkäse, Schnitzel, Pommes, faschierte Laberln, Fischstäbchen, Nudeln mit pampiger Sauce. Das alles wird fast nirgendwo mehr frisch gekocht, sondern von Großcateringfirmen halbfertig angeliefert und dann nur noch in den Schulmensen auf servierfertig getrimmt. Wie eine repräsentative Studie des Forschungsinstituts SIPCAN ergab – man untersuchte die Verpflegungssituation an den Sekundarstufen I & II -, bleibt die Qualität des Essens allerdings unkontrolliert. Es gibt zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viel Salz, künstliche Konservierungsstoffe und Aromen, aber zu wenig Gemüse, Obst und frische Kräuter, es fehlt generell an Vitaminen, Nähr- und Ballaststoffen.

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Man muss die Leidenschaft für gutes Essen in frühen Jahren schulen. Wer sich gesund ernährt, ist geistig und körperlich fitter.

Jamie Oliver, unermüdlicher Food-Aktivist

Ein leidiges Thema und seit vielen Jahren ein heiß diskutierter Dauerbrenner, geändert hat sich bis jetzt aber wenig. 32 Prozent der österreichischen Schulen bieten nicht einmal die Möglichkeit, überhaupt eine warme Mahlzeit zu erhalten. Vonseiten der Regierung kamen bislang nur rhetorische Bekenntnisse, die bringen aber nicht das Vollkornbrot, und vor allem das Bewusstsein für eine bessere, ausgewogenere, eben gesündere Ernährung in den Kantinen.

Die Folgen lassen sich nachmessen: Knapp ein Drittel aller Schulkinder sind übergewichtig oder sogar adipös, es herrscht ein Mangel an Wissen über das, was man zu sich nimmt.

Jamie Oliver, britischer Starkoch & Bestsellerautor, startete bereits im Jahr 2005 eine Kampagne für besseres Schulessen. (Bild: ©2020 Jamie Oliver Enterprises Ltd. Photography; Chris Terry)
Jamie Oliver, britischer Starkoch & Bestsellerautor, startete bereits im Jahr 2005 eine Kampagne für besseres Schulessen.

„Kinder müssen von klein auf was Gscheits essen“ 
„Man sollte die Kleinen rechtzeitig aufklären, was schlecht ist an Snacks. Vor allem sollten sie wissen, was da alles drinnen steckt“, sagt Lisl Wagner-Bacher, Herd-Grande-Dame vom vielfach ausgezeichneten Restaurant Landhaus Bacher (Mautern, NÖ). Als fünffache Oma liegt ihr die Verköstigung sehr am Herzen, sie unterstützt jede Initiative in diese Richtung, die ein Umdenken bewirkt. „Man darf Kinder nicht vollstopfen mit Fertigkost, sie müssen von klein auf lernen, was Gscheites zu essen.“

Sepp Schellhorn, selbst Gastronom in Salzburg, Unternehmer und Politiker (NEOS), engagiert sich seit Langem für gesündere Mittagessen: „Ich habe da immer Frankreich vor meinem Auge. Da gibt es zu 90 Prozent eigene Küchen, aber bei uns hat man sie aus den Schulen geschmissen, es wird einfach nicht mehr frisch gekocht, meistens nur zentral ausgeliefert.“ Um etwas verbessern zu können, bedarf es einer Bewusstseinsbildung, „aber es scheitert sehr viel an all diesen Institutionen, die nichts weiterbringen“.

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Es scheitert sehr viel an all diesen Institutionen, die nichts weiterbringen. Ich sehe hier das Ministerium für Landwirtschaft in der Pflicht.

Schellhorn über das Ausspeisungsproblem

Wo würde Schellhorn ansetzen, damit es endlich zu grundsätzlichen Verbesserungen kommt? „Im Ministerium für Landwirtschaft. Es sollte auch einen erheblichen Beitrag leisten, damit es eine Daseinsberechtigung hat für die Bauern und für alle in Österreich, nämlich sicherzustellen, dass gesunde, nahe und regionale Lebensmittel erzeugt und verkauft werden.“

Sepp Schellhorn, Gastronom, Unternehmer und Politiker (Bild: Markus Tschepp)
Sepp Schellhorn, Gastronom, Unternehmer und Politiker

Wie sehr es an Maßnahmen fehlt, kritisiert auch der Verein Zukunft Essen. Natalie Lehner, Projektleiterin und Geschäftsführerin, moniert, dass das Thema Schulessen von den Parteien zwar als hochrelevant bewertet, bei der Umsetzung jedoch „auf die lange Bank geschoben oder auf andere Zuständigkeiten verwiesen wird“.

Jamie Oliver, lässiger britischer Starkoch & Bestsellerautor, war der Erste, der die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf dieses Problem gelenkt hat. Bereits 2005 startete er eine Kampagne in England, verbannte Fast Food ebenso wie Softdrinks und prangerte an: „Ein Großteil der Mahlzeiten, die man den Kindern vorsetzt, ist reiner Müll.“ Da viele in kulinarischen Wüsten aufwachsen und kein Bewusstsein für Nahrung haben, kämpft er seit fast 20 Jahren um einen Paradigmenwechsel, unermüdlich betont er: „Wer sich früh gesund ernährt, ist körperlich und geistig fitter.“

Mittlerweile klingt selbst der kämpferische Brite ein wenig resigniert, wenn er seufzt: „Es wird wohl mindestens mein ganzes Leben lang dauern, bis die Gesundheit der Kinder an erster Stelle steht. Dass sich so wenig ändert, ist einfach nur frustrierend.“ Bleibt zu hoffen, dass die Mühlen der Verantwortlichen künftig schneller mahlen, um eine Veränderung in der Ernährungspolitik zu bewirken. Denn hier gilt: Für das Leben, nicht nur für die Schule essen wir.

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