Bei der Landtagswahl im deutschen Bundesland Brandenburg hat sich die regierende SPD laut Prognosen knapp gegen die AfD behauptet und ist stärkste Kraft geworden. Die rechtsextreme Partei darf sich allerdings über ein Rekordergebnis freuen. Die Grünen hingegen werden wohl den Einzug in den Landtag verfehlen. Die Wahlbeteiligung liegt den Hochrechnungen zufolge bei 73 bis 73,5 Prozent und damit so hoch wie nie seit 1990. 2019 betrug sie 61,3 Prozent.
Den Hochrechnungen zufolge erreicht die SPD 31,1 bis 31,3 Prozent (2019: 26,2 Prozent). Die AfD, die vom Verfassungsschutz in Brandenburg als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird, steigert sich auf 29,5 bis 29,8 Prozent (23,5). Das BSW kommt aus dem Stand auf 12,3 bis 12,4 Prozent. Für die CDU ist es mit 11,9 Prozent (15,6) das schlechteste Ergebnis in Ostdeutschland seit 1990. Die Grünen verlieren massiv und landen bei 4,6 bis 5 Prozent (10,8). Die Linke rutscht auf 3 bis 3,5 Prozent ab (10,7). BVB/Freie Wähler kommen auf 2,5 bis 2,7 Prozent (5,0), die FDP liegt laut ARD-Hochrechnung bei unter einem Prozent.
Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, haben über die Grundmandatsklausel noch eine Chance: Wenn sie mindestens ein Direktmandat gewinnen, ziehen sie in den Landtag ein – mit der Anzahl der Sitze nach ihrem Zweitstimmenergebnis.
Die SPD kann nach zuletzt schlechten Ergebnissen bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen nun etwas aufatmen – auch im Bund. Kanzler Olaf Scholz darf auf leichten Rückenwind für die deutsche Bundestagswahl in einem Jahr hoffen. Für die beiden anderen Ampel-Parteien Grüne und FDP sind die Brandenburger Zahlen hingegen bitter.
Proteste gegen AfD vor Wahlparty
Vor einem Lokal im Potsdamer Stadtteil Marquardt, wo die Wahlparty der rechten Partei stattfindet, kam es zu Protesten (siehe Bild unten). Auf Plakaten stand unter anderem zu lesen „Kein Raum der AfD“ bzw. „AfD ist so ... 1933“. Die AfD setzt nach eigener Darstellung darauf, mit einem Wahlsieg die Ampel-Koalition im Bund zu „zertrümmern“. Die Rechtspopulisten haben trotz ihres guten Abschneidens keine Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung: Keine andere Partei will mit ihnen zusammenarbeiten. Das Erstarken der AfD hat zuletzt auch im Ausland Sorgen vor einem Rechtsruck in Deutschland ausgelöst, etwa bei Partnern in der NATO und der EU. Schon bei den Landtagswahlen Anfang des Monats in Thüringen und Sachsen hatte die Partei stark abgeschnitten.
In Brandenburg selbst hatte der seit elf Jahren amtierende Ministerpräsident Dietmar Woidke seine politische Zukunft mit dem Wahlausgang verknüpft: Der Sozialdemokrat kündigte an, sein Regierungsamt abzugeben, falls die AfD auf Platz eins landet.
SPD: „So eine Aufholjagd gab es noch nie“
Am Abend kündigte Woidke an, voraussichtlich zuerst mit der CDU über die Bildung einer Regierungskoalition zu sprechen. „Wir haben eine Aufholjagd hingelegt, wie es sie in der Geschichte unseres Landes noch niemals gegeben hat.“ Wie so oft in der Geschichte seien es Sozialdemokraten gewesen, „die Extremisten auf ihrem Weg zur Macht gestoppt haben“, sagte er mit Blick auf die AfD.
Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Carsten Linnemann, sprach von einer „bitteren Niederlage“. Woidke habe mit seiner Rücktrittsdrohung alles auf eine Karte gesetzt – und gewonnen. „So sieht Glaubwürdigkeit aus.“ Der CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann will nach der Wahlschlappe nicht vom Landesvorsitz zurücktreten. „Das wäre das ganz falsche Signal“, sagte er.
AfD-Chef: „Einmal Gold und zweimal Silber geholt“
Die AfD hat trotz ihres guten Abschneidens keine Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung: Keine andere Partei will mit ihr zusammenarbeiten. Bundesparteichef Tino Chrupalla sagte, man habe das Ziel verpasst, Woidke „in die Rente zu schicken“. Doch seien die ostdeutschen Wahlen in Thüringen, Sachsen und jetzt Brandenburg erfolgreich verlaufen: „Wir haben einmal Gold und zweimal Silber geholt.“ Das Erstarken der AfD hat zuletzt auch im Ausland Sorgen vor einem Rechtsruck in Deutschland ausgelöst, etwa bei EU- und NATO-Partnern.
Zentralrat der Juden: „Das darf uns nicht unberührt lassen“
Der Zentralrat der Juden äußerte sich besorgt. „Wenn erneut fast ein Drittel der Wähler eine zerstörerische politische Partei wie die AfD an der Macht sehen will und eine populistische Kraft wie das BSW wieder zweistellig wird, dann darf uns das nicht unberührt lassen“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster.
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