Volksoper Wien

Carmens Opern-Femizid auf der Pawlatschen

Kritik
22.09.2024 17:41

Kein Glück mit „Carmen“: Volksopern-Direktorin Lotte de Beer scheitert zum zweiten Mal an Bizets Meisterwerk. Katia Ledoux erfreut in der Titelrolle.

(Bild: kmm)

„Ich versteh’s nicht“, flüstert der altgediente Publikumsliebling am Vordersitz zur Sitznachbarin. Das sollte wohl nicht passieren. Erst recht nicht beim unkaputtbarer Straßenfeger „Carmen“. Idealstoff, gerade für eine Volksoper. Das weiß Lotte de Beer, und hat selbst Hand angelegt. Obwohl sie im „Krone“-Gespräch sympathisch offen zugab, bereits einmal an „Carmen“ kapital gescheitert zu sein.

Jetzt traute sie sich erneut. Und vertraute weder dem Stück, noch der Titelheldin, einer von Männern ausgedachten Frauenfigur des 19. Jahrhunderts, die Opfer männlicher Eifersucht wird. Nun ist Oper jetzt nicht unbedingt ein Hort für Realitäten. Was wäre sie ohne ihre Opfer von Männern, Zeit, Umständen, ohne Lucias, Elviras, Violettas, Toscas?

„Rauchen ist auf der Bühne verboten, während Femizide noch immer erlaubt sind!“ lässt die Regisseurin vorab wissen, und gibt Carmen ihr Schicksal zu Beginn selbst in die Hand. 

Der großartige Volksopern-Kinderchor hat seinen Auftritt in „Carmen“. (Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien)
Der großartige Volksopern-Kinderchor hat seinen Auftritt in „Carmen“.

Malkurs-Sevilla gegen sensationsgeiles Publikum
Während der wenig sensible Dirigent Ben Glassberg brachial das Vorspiel durchklopft, schmeißt die Tabakarbeiterin Carmen am Fließband hin.

In rundum grausamer Ausstattung und einem Sevilla, das wohl von Sommermalkursteilnehmerinnen gepinselt wurde, hat sie ihren starken Auftritt. Die Freie, die Radikale dreht einfach die Kulissen um, holt sich Männer, wie sie es braucht, spielt mit allem und allen. Bis der Vorhang hinter ihr ein paar Ränge von Theater-Logen freigibt. Sie erkennt, dass auch sie nur Spielfigur ist: Das Publikum will ihren Tod.

Carmen sieht ihren Tod kommen. (Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien)
Carmen sieht ihren Tod kommen.

Carmen verliert nach und nach die Kontrolle, so wie die Inszenierung Sinn und Form. Die große neue Liebe Escamillo (sehr blass: Josef Wagner) degradiert Carmen zum Hausfrauchen.

Da ist es wohl doch besser, sich nach einer überdrehten Torrero-Show vom rasenden Don José (sehr anständig: Tomislav Mužek) in einer Theater auf dem Theaterszene, auf einer Pawlatschenbühne, abstechen zu lassen. Flucht ausgeschlossen, das sensationsgeile Bühnen-Publikum hat Carmen umstellt, wirft jubelnd Rosen auf die Tote.

Das Publikum bejubelt die tote Carmen. (Bild: © Barbara Pálffy / Volksoper Wien)
Das Publikum bejubelt die tote Carmen.

Die ist mit Katia Ledoux der stimmliche Trumpf des Abends. Man hätte ihr herzlich gegönnt, mehr Charakter als nur eine Figur im verqueren Spiel sein zu dürfen.

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