„Krone“-Interview

Granada: Popmusik aus der Magie des Moments

Musik
26.09.2024 09:00

Neuer Produzent, neue Arbeitsweise, althergebrachte Hüttenmethoden – für sein neues Album „1‘30“ hat das steirische Pop-Quintett Granada an einigen Stellschrauben gedreht, sich den Blick zurück erlaubt und sich musikalisch geöffnet. Thomas Petritsch und Lukacz Custos geben uns nähere Einblicke.

(Bild: kmm)

Volle Konzerthallen und Open-Air-Areale, von Kritik und Publikum gefeierte Alben und ein Amadeus Award 2022 in der Kategorie „Alternative“ – bei der steirischen Pop-Band Granada geht es seit knapp zehn Jahren steil bergauf. Die Band, die 2015 nur deshalb entstand, weil Frontmann Thomas Petritsch noch zu viele deutsch- und dialektsprachige Songskizzen von seiner Auftragsarbeit zum Film „Planet Ottakring“ übrighatte, hat sich längst zu einem beliebten und erfolgreichen Fixstern am Austro-Himmel gemausert. Bei all dem Trubel um die Band ist es wichtig, sich zwischendurch rauszunehmen, zurückzuziehen und der Kreativität im Stillen freien Lauf zu lassen. Für das dieser Tage erscheinende neue Album „1‘30“ hat sich das Quintett wieder in eine südsteirische Hütte zurückgezogen und dabei die Liebe zum gemeinschaftlichen Erschaffen entdeckt.

Magie des Moments
„Es ist immer gut, wo zu sein, wo man nicht von den alltäglichen Dingen abgelenkt ist und sich voll auf das Musikmachen fokussieren kann“, erklärt Petritsch im „Krone“-Interview, „wir haben noch nie zuvor gemeinsam zu fünft von null auf Musik gemacht und dachten, das wäre einmal eine gute Idee.“ Vom Songwriting haben alle handelnden Personen Ahnung, ein entscheidender Schritt war, Dinge gemeinsam so entstehen zu lassen, dass sie Sinn ergeben und spielerisch bleiben. „Man braucht einfach Zeit, um aufeinander zu hören und sich abzustimmen. Wir reden da teilweise nur von Millisekunden des Begreifens, aus denen dann die schönsten Momente entstehen.“ Die Magie des Moments führte schlussendlich zu einem Großteil des nun vorliegenden Ergebnisses.

„Einmal waren magische drei Stunden dabei“, erinnert sich Gitarrist Lukacz Custos, „da haben wir gefühlt das halbe Album geschafft.“ Nachdem sich Granada einen Namen und eine Marke gemacht haben, haben sie das Songschreiben bewusst verändert. „Wir haben Songs anders gedacht“, führt Petritsch aus, „der klingt wie Coldplay, der wie Seiler und Speer, der wie Oasis oder wie vom Nino aus Wien. Alle Songs haben den klassischen Granada-Touch, sind aber teilweise poppiger oder rockiger geworden. Lustig ist, dass wir als Musiker immer glauben, wir würden uns viel zu weit aus dem Fenster lehnen und man dann aber von außen hört, dass die Songs ja eh wie Granada klingen“, lacht der Frontmann. Die Grätsche zwischen Granada-Pop und Mainstream-Pop ist gelungen. Die Single „Feiawerk“ sprüht über vor Bombast, 80er-Jahre-Kitsch und Spielfreude und funktioniert gerade deshalb. Auf der anderen Seite der Medaille stehen balladeske Töne, die sich gerne an die Nostalgie schmiegen.

Neue Besen kehren gut
„Im Laufe des Entstehens fragt man sich immer wieder, ob man dieses oder jenes darf und wo man sich die eigenen Grenzen setzt. Granada-mäßig haben wir uns ja eh schon bewiesen, also gehen wir die Sache ganz anders an.“ Ex-Wanda-Produzent Paul Gallister brachte zusätzlich eine neue Farbe ins Granada-Camp. „Seine Referenzen sind eindeutig, er bringt das Gefühl für Pop mit und das haben wir gerne genützt. Wir haben uns sehr vertrauensvoll aufeinander eingelassen, aber auch diskutiert, wenn es Diskussionsbedarf gab. Von ,Feiawerk‘ gibt’s eine Version, die klingt wie von Aqua, das ging uns dann doch zu weit. Aber wer weiß? Granada-Fans hätten wahrscheinlich eh verstanden, was wir damit meinen.“ Mit den Erfolgen steigerte sich auch das Selbstvertrauen in der Band. „Davon lässt man sich dann aber gerne verführen“, warnt Custos, „die Eitelkeit ist immer gefährlich.“

Ein wichtiger Faktor des Albums ist die Zeit. Der Albumtitel – eine Minute und 30 Sekunden - spricht per definitionem auf die Einheit eines Moments an. Es gibt die Songs „1999“, „Schon wieder zu spät“ oder „Letzte Nocht“, zudem ist der angesprochene Nostalgiefaktor ein wiederkehrendes Thema. „Anscheinend ist das etwas, das uns als Band, als Gruppe, beschäftigt hat. Zum Beispiel den Glauben an die Selbstverständlichkeit von Dingen, die gar nicht selbstverständlich sind. Wie schnell sich Dinge im Leben verändern können. Da wird die Zeit als Ursache und Wirkung sehr deutlich. Es stellte sich uns die Frage, was die Zeit mit uns gemacht hat. Sehr viel vom Thema Zeit auf dem Album steht unter dem Aspekt der Vergänglichkeit, die wiederum zu Nostalgie führt. Die Zeit ist Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens.“

Ein Leben als Wimpernschlag
Rund um seinen 40er hat vor allem Frontmann Petritsch die Tore zur Rückschau geöffnet. „Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit nimmt natürlich zu und da ist es schon mal okay, wenn man zurückblickt und überlegt, was eigentlich früher wie war. Als zum Beispiel die ersten Schmetterlinge im Bauch flatterten oder man den Sommer mit 15 am Land genoss. ,1999’ oder auch ,Wimper‘ sind sicher Versuche, solche Momente einzufangen und dabei zu überlegen, wo man im Leben noch hingeht. Unser Leben ist in Relation zum Universum nicht mehr als ein Wimpernschlag. Dieser Gedanke kann sehr deprimierend sein, aber du überlegst dir dabei auch, was du hinterlassen willst und wie an dich erinnert werden soll. Ich glaube, das Songschreiben ist unser Versuch, ein bisschen zu entschleunigen und uns zurückzuziehen.“

Die Songs auf „1‘30“ befinden sich nicht nur musikalisch in unterschiedlichen, aber durchaus zugänglichen Sphären, auch textlich umreißen Granada Dinge, die uns im Alltag alle beschäftigen. Was nimmt man von früher ins Morgen mit? Was wäre passiert, hätte ich mich anders entschieden? Warum vergeht die Zeit so schnell? „Im Album steckt auch ein bisschen der Kampf gegen die Selbstoptimierung, mit der wir alle konfrontiert sind“, so Custos, „alles muss mehr und besser sein. Ich muss mehr und besser sein. Dabei ist es gerade im kreativen Bereich wichtig, nichts zu tun. Sich fallen zu lassen, damit der Kopf wieder frei wird für Ideen. Wir leben die Selbstausbeutung und Konsum ist unsere Kompensation – dafür fehlt es an gemeinschaftlicher Solidarität.“ Und apropos Zeit: 2025 feiern Granada bereits zehnjähriges Band-Jubiläum. Davor geht es aber mit „1‘30“ noch auf große Tour.

Quer durchs ganze Land
Am 16. und 17. Oktober spielt man im Rockhouse Salzburg, am 18. Oktober im Conrad Sohm in Dornbirn, am 19. Oktober im Treibhaus Innsbruck, am 23. Oktober in der Arena Wien, am 24. Oktober im Linzer Posthof und am 25. Oktober im Orpheum in Graz. Für den Sommer 2025 wurden zudem schon ein paar Open-Airs angekündigt. Am 16. August ein Freiluft-Event in der Wiener Arena, am 29. August in der Burgarena Finkenstein und am 12. September auf den Kasematten in Graz am Schlossberg. Unter www.granadamusik.com gibt es alle genauen Tourdaten, weitere Infos und Kartenoptionen.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt