Ungarns Regierung mit Premier Viktor Orbán an der Spitze baut Medienberichten zufolge ein Aufnahmelager für illegale Migranten, nur 15 Kilometer von der burgenländischen Grenze entfernt. Das sorgt in Österreich für neuen innenpolitischen Zündstoff. Nach Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) richtet nun auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) scharfe Worte Richtung Budapest und kündigt heftige Gegenwehr an.
Das Sammelzentrum soll beim Dorf Vitnyéd liegen, einen Katzensprung von Neckenmarkt, Deutschkreutz oder Nikitsch im Bezirk Oberpullendorf entfernt.
Karner spricht Klartext: „Kein Spielraum“
„Sollten die kolportierten Pläne auf ungarischer Seite stimmen, wird es von der österreichischen Polizei auch hier keinen Spielraum geben. Bei Bedarf werden die Grenzkontrollen zu Ungarn deutlich verschärft“, betont Karner gegenüber der „Krone“.
Die illegale Migration an der burgenländisch-ungarischen Grenze wurde um 97 Prozent zurückgedrängt. Die Schlepper machen einen Bogen um Österreich.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)
Dies habe er bereits den ungarischen Behörden unmissverständlich mitgeteilt.
60 österreichische Polizisten in Ungarn im Einsatz
Karner verweist darauf, dass die in den letzten beiden Jahren gesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung der Schlepperei Wirkung gezeigt hätten. „Die illegale Migration an der burgenländisch-ungarischen Grenze wurde um 97 Prozent zurückgedrängt. Die Schlepper machen einen Bogen um Österreich.“ Darüber hinaus seien 60 österreichische Polizisten zur Schlepperbekämpfung auf ungarischem Staatsgebiet eingesetzt.
Doskozil lehnt Asyllager an Grenze in Ungarn strikt ab
Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil kündigt scharfe Proteste gegen Ungarns Asylpläne an. Von der Bundesregierung in Wien erwartet er die klare Absage an das „Polit-Spiel“. Man müsse verhindern, dass die Pläne umgesetzt werden. Sollte Ungarn dieses Ziel aber tatsächlich weiterverfolgen, müsse Österreich mit einer rigorosen Überwachung der grünen Grenze antworten, so der Landeshauptmann.
Das Land Burgenland wird sich gegen die Pläne mit allen rechtlichen und politischen Möglichkeiten zur Wehr setzen.
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
Grüne attackieren Orbán und FPÖ
Die Grünen attackieren Orbán und die FPÖ. „Mit Politikern wie Orbán und ihrem kleingeistigen Nationalismus sind der Wohlstand und die Freiheit der Menschen in Europa gefährdet. Dass Orbán das Idol von FPÖ-Chef Herbert Kickl ist, spricht Bände“, so ein Sprecher.
Proteste auch in Ungarn
Auch die ungarische Bevölkerung ist bereits auf den Barrikaden. Sonntag gingen die Gegner bei einem Protestmarsch im 1500-Einwohner-Ort auf die Straße.
Doppelstockbetten im ehemaligen Turnsaal
Die frühere Schule, die jetzt ein drei Meter hoher Drahtzaun umgibt, soll als Auffanglager dienen. Fotos würden belegen, dass Doppelstockbetten im ehemaligen Turnsaal aufgestellt wurden.
Vitnyéds Bürgermeister Csaba Szalai zufolge soll sich das Areal in staatlichem Besitz befinden. Als Nachrichten im Internet auftauchten, dass das Gelände bereits von der Polizei bewacht wird, spitzte sich die Lage dramatisch zu.
Fotos in Medien sollen Lagerbau belegen
In der offiziellen Facebook-Gruppe des Ortes hatte Szalai zunächst die Errichtung eines Flüchtlingslagers damit begründet, dass Ungarn wegen des Verstoßes gegen EU-Asylrecht mit einer Millionenstrafe belegt wurde. Während Fotos in den Medien den Bau des Lagers belegen sollen, dementierte der für die Entwicklung moderner Gemeinden zuständige Regierungsbeauftragte Alpár Gyopáros auf Facebook die Errichtung eines Migrantenlagers. Dies hätte auch Orbán bekräftigt. Gyopáros warf zugleich Oppositionspolitikern vor, die Öffentlichkeit nur aufwiegeln und Ängste schüren zu wollen.
Orbán setzt EU-Partner wieder unter Druck
Ungarns Premier Viktor Orbán hatte in der Vergangenheit wiederholt versucht, seine EU-Partner in der Migrationsfrage unter Druck zu setzen. Für Empörung sorgte etwa die mit ausgebliebenen EU-Geldern begründete Freilassung von Hunderten verurteilten Schleppern im Frühjahr des Vorjahres, die auch von FPÖ-Chef Kickl scharf als „unverständlich und inakzeptabel“ kritisiert wurde.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer Ungarn zur Zahlung einer Strafe von 200 Millionen Euro sowie zu einem täglichen Zwangsgeld von einer Million Euro für jeden Tag des Verzugs verurteilt. Es ging dabei vor allem um den effektiven Zugang von Asylwerbern zu Asylverfahren. Die Regierung des Rechtsnationalen Viktor Orbán weigert sich bisher allerdings, die Zahlungen zu leisten.
Flüchtlingskrise 2015: Orbáns unrühmliche Rolle
Auch in der großen Flüchtlingskrise 2015 spielte Orbán eine unrühmliche Rolle. Nachdem im September 2015 Bilder von unter unmenschlichen Bedingungen in ungarischen Lagern festgehaltenen Migranten europaweit für Aufsehen gesorgt hatten, öffneten Österreich und Deutschland ihre Grenzen.
Der damalige Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach von einem „Notfall“ und verglich das Vorgehen Orbáns mit jenem der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg. „Flüchtlinge in Züge zu stecken in dem Glauben, sie würden ganz woanders hinfahren, weckt Erinnerungen an die dunkelste Zeit unseres Kontinents“, sagte er.
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