Peter Turrini, Österreichs meistgespielter Dramatiker, feiert heute seinen 80. Geburtstag. Während seines Spitalsaufenthaltes diktierte er aber Szenen eines neuen Stücks.
Kein Orkan kann mich aus diesem lebenslänglichen Ort der Zuflucht, dem Theater, vertreiben“, bekannte Peter Turrini, einer der brillantesten Dramatiker Österreichs. Seit den Siebzigerjahren hat er zuerst mit messerscharf gesellschaftskritischen Stücken und provokanten Volksstücken, in den letzten Jahren aber auch mit versöhnlichen Texten, die menschlichen Situationen mit Humor begegnen, Theatergeschichte geschrieben.
Heute (26. September) feiert der 1944 im Kärntner Lavanttal geborene „dramatische Fieberkopf“, Sohn eines italienischen Kunsttischlers und einer steirischen Hausangestellten, seinen 80er. Die Sängerin Maja Weis-Ostborn und der Komponist Gerhard Lampersberg hatten den Fünfzehnjährigen in ihr Haus geholt und ihm – wie er sagt – „geholfen, den Weg in die Kunst zu gehen“.
Skandalstücke machten ihn rasch berühmt
Seit 1971 lebt er als freier Schriftsteller: Die Uraufführungen seiner Dialektstücke „Rozznjogd“ und „Sauschlachten“, der TV-Serie „Alpensaga“ machten ihn zum Starautor, der etwa mit Helmut Qualtinger und H. C. Artmann eine US-Universitätslesetour absolvierte. Er wurde Mitglied der Grazer Autorenversammlung. Als „kritischer Zeitgenosse“ politisch engagiert, trat er etwa im Vorfeld der Besetzung der Hainburger Au 1984 als „Rotbauchunke“ in der „Pressekonferenz der Tiere“ auf, steuerte zu den 50-Jahr-Feiern der Republik auf dem Heldenplatz eine provokante Rede bei usw.
Die Bilanz seines Schaffens: gewaltig! Er schrieb mehr als drei Dutzend Theaterstücke, darunter Erfolge wie „Josef und Maria“, „Die Bürger von Wien“, „Die Minderleister“, mit denen er unter Claus Peymann 1988 zum Burgtheater-Autor avancierte, danach „Tod und Teufel“, „Alpenglühen“, „Endlich Schluß“, „Liebe in Madagaskar“
Herbert Föttinger holte ihn an die Josefstadt, für die er bis heute schreibt. Drei Opernlibretti entstanden – so zu Friedrich Cerhas „Der Riese vom Steinfeld“ (2002). 14 Drehbücher wurden verfilmt. Es gibt 55 Buchausgaben.
Gute Theaterstücke müssen irritieren
„Ein gutes Theaterstück soll ein Riss, eine Irritation, ein Schmerz sein“: Für Turrini ein Credo, mit dem er recht behält. Seine provokanten „Bilder von Österreich heute“ machten ihn zu einem der meistgespielten, meistübersetzten Autoren.
Einige Monate musste Turrini jetzt im Spital bleiben. In einem Interview sagt er darüber, man konnte seine Schmerzen zwar lindern, aber Parkinson hole ihn immer wieder ein. Aber um nicht zu verzweifeln, nahm er „ein Diktiergerät mit und diktierte leiseflüsternd Szenen eines neuen Stücks“.
Peter Turrini! Ein Name, der in der internationalen Theaterszene längst eine Ikone ist. Von ihm ein Stück uraufzuführen ist – von der Burg bis zum Berliner Ensemble – heute eine Ehre. Als Turrini 1971 im Volkstheater sein zorniges Debütstück „Rozznjagd“ uraufführte, kam’s noch zum Skandal. Publikum und Politiker – empört! „Auspeitschen sollte man Sie“, rief jemand aus dem Parkett. Und als Dolores Schmidinger auf der Bühne ihre Brust entblößte, schrien manche „Sauerei“. Und ein Jahr später löste Turrinis „Sauschlachten“ an den Münchner Kammerspielen wütende Proteste aus. Alle, die diese Premieren damals miterlebten, erinnern sich heute gern: Sie waren dabei, als Turrini seinen Durchbruch feierte. Als er dem abgelutschten Unterhaltungstheater eine Watschen verpasste, das Theater mit Kritik an Zivilisations- und Konsum-Müll politisierte. Und den Weg für Dramatiker wie Werner Schwab oder englisches Theater wie Ravenhills „Shoppen & Ficken“ oder Sarah Kane in Wien ebnete.
Turrinis Stücke werden von New York bis São Paulo oder Seoul gespielt. Er hat Theatergeschichte geschrieben. Der „Skandalautor“ wurde zum Klassiker.
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