Der Spardruck beim Autogigant Volkswagen ist nach Aussagen des Unternehmens enorm, Werkschließungen und Zehntausende Stellen stünden auf dem Spiel. Doch turbulente Zeiten schützen nicht vor Tarifverhandlungen. Es fröstelt bei Europas größtem Autobauer.
Die deutsche Gewerkschaft IG Metall fordert für die rund 120.000 VW-Mitarbeiter zudem eine Beschäftigungssicherung über das Jahr 2030 hinaus und droht mit Streiks ab Dezember. IG-Metall-Chefunterhändler Thorsten Gröger sagte am Mittwoch in Hannover, falls nötig, stünden ab dem 1. Dezember Zehntausende VW-Beschäftigte vor den Werkstoren und auf der Straße.
Ton der Verhandlungen wird rau
Die Zeichen stehen dabei auf Eskalation: „Der Winter kommt – und wir werden dann, wenn nötig, dem Vorstand richtig einheizen“, so der Gewerkschafter. Der Konflikt mit VW habe erst begonnen.
In der Gehaltstarifrunde fordert die IG Metall unter anderem um 7 Prozent mehr für die Beschäftigten. Diese Forderung stehe, sagte Gröger. Volkswagen hatte eine Reihe von Tarifverträgen gekündigt, darunter die seit drei Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung, die eigentlich noch bis 2029 laufen sollte.
Volkswagen betont Sparzwänge
VW hat zum Start der Tarifverhandlungen mit IG Metall seine Sparziele bekräftigt. Den Beschäftigten wird mit Gehaltseinbusen gedroht. „Die Lage ist ernst, wir brauchen Kostenentlastungen, um die Investitionen in die Zukunft zu finanzieren“, sagte VW-Chefunterhändler Arne Meiswinkel nach den gut dreistündigen Gesprächen. Die Sieben-Prozent-Forderung sei abzulehnen. „Hierfür wird ein Beitrag der Beschäftigten erforderlich sein.“
Die eigentlich erst für Ende Oktober geplante Tarifrunde war vorgezogen worden, nachdem VW seinen Sparkurs Anfang des Monats verschärft hatte.
Auf Arbeitnehmerseite fröstelt es. Faktisch fordere Volkswagen nicht nur eine Null-, sondern eine Minusrunde und wolle den Beschäftigten in den Geldbeutel greifen, erklärte die IG Metall dazu. „Das Fazit ist: Standortschließungen und Massenentlassungen bleiben im Raum“, sagte IG-Metall-Chefunterhändler Gröger. Einen neuen Verhandlungstermin hätten beide Seiten bisher noch nicht vereinbart.
Drei Stunden dauerte die erste Verhandlungsrunde, an der 49 Gewerkschaftsvertreter und 18 Vertreter des Volkswagen-Managements teilnahmen. Die Gespräche seien zu Beginn unterkühlter gewesen als in anderen Tarifrunden, sagte Gröger. Das Management habe Charts vorgelegt, welche den Deutschland-Malus von Volkswagen deutlich machen sollten, erklärte die IG Metall.
Mit einer solchen Gesprächseinstellung kommen wir keinen Schritt weiter!
VW-Betriebsratschefin Cavallo
Bild: AFP/RONNY HARTMANN
Management-Fehler, gravierende Fehleinschätzungen der Vergangenheit und Belastungen wie der Dieselskandal seien nicht erwähnt worden. In der Verhandlungsrunde sei vom Unternehmen nichts gekommen außer einem „Klagelied über die harte Wettbewerbssituation“, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Nun müsse die Arbeitgeberseite ihrer Verantwortung gerecht werden und sagen, wo sie denn hin wolle. „Mit einer solchen Gesprächseinstellung kommen wir keinen Schritt weiter!“
Der deutsche Autogigant mit Sitz in Wolfsburg will angesichts massiver Überkapazitäten in Deutschland sparen. Um 500.000 Autos verkaufe VW in Europa pro Jahr weniger als vor Ausbruch der Coronapandemie, verkündete die VW-Spitze jüngst – und diese Autos kämen auch nicht wieder. Das entspreche der Produktion von zwei Werken.
Volkswagen in guter Gesellschaft
In den VW-Fabriken laufen viel weniger Autos vom Band als vor einigen Jahren. Eine Reuters-Untersuchung zu sechs Autobauern mit Werken in Europa zeigt aber, dass der Autobauer nicht der einzige mit diesem Problem ist. Vor allem Westeuropa steht schlecht da. Auch Ford, Renault und Stellantis haben mit Überkapazitäten zu kämpfen, wie aus Daten des Analysehauses GlobalData hervorgeht, die Reuters vorliegen.
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