Mehr Klassenkampf!

Abschiedsbrief der Grünen Jugend hat es in sich

Außenpolitik
26.09.2024 12:44

Die deutschen Grünen sind aktuell damit beschäftigt, sich zu kannibalisieren. Wenige Stunden nach der Parteispitze trat auch der Bundesvorstand des Jugendverbandes geschlossen zurück. Die grünen Nachwuchspolitiker machten mit ihrer Partei per Brief Schluss, der für weiteren Zündstoff sorgen dürfte ... 

„Liebe Freundinnen und Freunde“, heißt es zu Beginn des Schreibens, das einer Abrechnung gleicht. Darin hält der grüne Nachwuchs fest, sich von der eigenen Partei verraten zu fühlen. Aus ihrem Abschiedsbrief gehen vor allem zwei Kritikpunkte hervor: Erstens würden die älteren Parteikollegen vor „den Reichen“ kuschen. Zweitens würde die Ökopartei zu einem Einheitsbrei verkommen. Keine Ecken, keine Kanten, aber Kompromisse.

Die Sprecherinnen der Grünen Jugend: Katharina Stolla und Svenja Appuhn (Bild: picturedesk.com/dpa)
Die Sprecherinnen der Grünen Jugend: Katharina Stolla und Svenja Appuhn

Die Entscheidung aus der Partei auszutreten sei lange gereift, die Wahlschlappen hätten die Jungpolitiker um Katharina Stolla und Svenja Appuhn noch abgewartet. Aus Fairnessgründen, wie betont wird: „Da wir Sorge hatten, dass es die ohnehin schon schwierigen Wahlkämpfe überschattet hätte.“

Der gesamte Abschiedsbrief zum Nachlesen: 

„Respekt“ alleine reiche nicht aus
Auch der Rücktritt von der grünen Parteispitze hätte nichts an ihrer Entscheidung geändert. Davor habe man zwar „Respekt“, eine personelle Neuausrichtung würde die Grünen jedoch nicht in „unserem Sinne“ umkrempeln. „Dauerhaft ist es nicht möglich, gleichzeitig Teil einer Partei zu sein und für eine grundsätzlich andere Politik zu werben als die eigene Partei umsetzt“, heißt in dem Schreiben.

Ricarda Lang und Omid Nouripour sind nicht länger Parteichefs der Grünen. (Bild: AFP/Axel Heimken)
Ricarda Lang und Omid Nouripour sind nicht länger Parteichefs der Grünen.

Die Konsequenz: Der sofortige Parteiaustritt und eine Staffelübergabe bis zum 20. Oktober beim Bundeskongress der Grünen Jugend. Im Brief wird zudem moralische Absolution erteilt. „Es ist uns wichtig, zu betonen, dass wir euch nicht für schlechte Menschen halten.“ Den besten Köpfen der Nachwuchsorganisation soll ein Angebot gemacht werden, „mit uns an einem anderen Ort Politik zu machen“. Unter Druck soll niemand gesetzt werden.

Jungpolitiker rufen Klassenkampf aus
Dass die Arbeit in der Ampel die Grünen zerreißen würde und hart um grüne Standpunkte gerungen werden würde, sei am Ende nicht genug. „Wir wissen das – und gehen trotzdem.“ Es brauche wieder eine „starke linke Kraft“. Grundsätzlich sei man gesprächsbereit, aber: „Wir verstehen, wenn Ihr wütend auf uns seid, Ihr Euch von uns im Stich gelassen fühlt oder nicht mehr mit uns reden wollt.“

Die Jungpolitiker konkretisierten am Donnerstag auf einer eigens dafür erstellten Webseite, was sie jetzt genau machen wollen. In einem Wort: Klassenkampf – „Arm und Reich, Oben und unten“, wie sie selbst schreiben.

Die Ampel sei eine Enttäuschung, „wirksame Kritik“ komme nur von Rechts. „Die Reichen“ würden sich zurücklehnen, „während die Rechten die Ärmsten dazu anfeuern, sich um die Krümel zu prügeln.“ Die Schwächsten würden sich gegeneinander ausspielen lassen, wollen die Jungpolitiker erkannt haben.

Wirtschaft soll umgekrempelt werden
Energiekonzernen, Krankenhauskonzernen, Immobilienkonzernen und vielen anderen wollen sie nun das Leben etwas schwerer machen. Es wird der Kampf gegen die Profitgier ausgerufen. Bereits in der Vergangenheit fielen die Jungpolitiker um Stoll und Appuhn mit Verstaatlichungsfantasien auf. „Wer sich weigert, die Reichen zur Kasse zu bitten, lässt im Ergebnis die breite Bevölkerung bezahlen. Das sehen wir besonders beim Klimaschutz.“

Statt sich gegen „ein System“ zu wehren, das immer wieder Gewinner und Verlierer produziere, fänden sich die Grünen zunehmend damit ab, den Status Quo zu verwalten. Mit einer neuen linken Bewegung wolle man nun die Wirtschaft „in den Dienst der Menschen“ stellen und sich um deren Sorgen kümmern. Das Mittragen der Asylverschärfungen würde zeigen, wie sehr die Grünen ihre Ansprüche nach unten geschraubt hätten. 

In ihrer Austrittserklärung heißt es: „Wir wollen dazu beitragen, dass es bald eine starke linke Partei in Deutschland geben kann. Eine Partei, die nicht so ist wie alle anderen.“ Die Abschlussworte klingen wie eine Drohung: „Wir hören nicht auf, Politik zu machen. Wir fangen jetzt erst richtig an.“

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