„Krone“-Interview

Kiffness: Tierflüsterer mit politischem Gewissen

Musik
29.09.2024 09:00

Ob Katzen, Hunde oder Donald Trump – wenn David Scott aka The Kiffness einen neuen Song in den digitalen Orbit schickt, steht die Welt Kopf. Der 36-jährige Südafrikaner wurde über die Pandemie zum viralen Topstar und tritt heute Abend in der restlos ausverkauften Wiener Arena auf. Mit der „Krone“ spricht er über seine Jazz-Ausbildung, warum er sich politisch engagiert und wie eine Vaterschaft sein Leben veränderte.

(Bild: kmm)

Und es ist schon wieder passiert – The Kiffness ging viral. Mit seinem „Eating The Cats ft. Donald Trump (The Debate Remix)“ hat der südafrikanische Musiker in rund zwei Wochen an die zehn Millionen Klicks auf YouTube generiert. Der Hintergrund: US-Präsidentschaftsanwärter Trump ließ sich in seiner TV-Debatte mit Herausforderin Kamala Harris zur Aussage hinreißen, Migranten würden Katzen und Hunde verspeisen. Ein gefundenes Fressen für David Scott, wie The Kiffness mit bürgerlichem Namen heißt, um mit seiner parodistischen und kurzweiligen musikalischen Umsetzung für Furore zu sorgen. Viral zu gehen, ist der 36-Jährige gewohnt. Ende 2020, mitten in der noch frischen Corona-Pandemie, startete der Remix des traditionellen Songs „levan polkka“ auf YouTube durch, den Scott mit dem Türken Bilal Göregen zusammenstoppelte. Dann kam der Ball so richtig ins Rollen.

Ungebrochene Popularität
Fans und Interessierte schickten Scott zunehmend Videos und Songs und baten ihn darum, sie zu remixen. Irgendwann markierte ihn jemand auf Instagram bei einem Katzenvideo und der Künstler legte einen Beat drüber – schon war eine bislang nicht existente Karriere geboren. Über Jahre hinweg vermengt The Kiffness Bellen, Miauen, Wiehern, Muhen oder Gurren mit Beats und gibt Tieren damit eine humorvolle und respektvolle Breitenwirksamkeit. „Vor allem zeigt das die Kraft des Internets“, erzählt Scott im Gespräch mit der „Krone“, „während der Pandemie sind diese Videos explodiert. Viele meiner Freunde touren seit Jahren und mühen sich schwer damit, überall eine Fanbase aufzubauen. Ich hatte das Glück, dass ich viral ging und mir immer mehr Leute folgten.“ Vor rund einem Jahr spielte The Kiffness seine erste Europatour. Seine Österreich-Premiere gab er in einem randvollen Wiener Flex – heute Abend ist bereits die Arena bis auf den letzten Platz ausverkauft – und das seit Wochen.

Scott ist aber nicht nur ein reines Internet-Phänomen, sondern vor allem ein ausgebildeter Musiker. Er versuchte sich jahrelang als Trompeter in Jazz-Bands, spielte in Kirchen- und Rockbands Schlagzeug und legte seinen Fokus später auf DJing, das den Weg für seine heutige Karriere bereitete. „Bei uns in Südafrika gibt es eine Band namens Goldfish. Sie haben einen Jazz-Background und vermischten das Saxofon mit Dance-Beats und dicken Bässen. Party mit Anspruch, das hat mich immer fasziniert.“ Ein halbes Jahr lang studierte Scott sogar Medizin, kam dann aber drauf, dass dies nicht der richtige Weg für ihn sei. „Mein Vater war Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Er sagte mir von klein auf immer, seine größte Auszeichnung sei es, wenn er Leuten helfen könne, ein besseres Leben zu führen. Das habe ich mir zu Herzen genommen und das war auch immer mein Ziel, allerdings wähle ich dafür den Weg der Musik.“

Öffentlich gebrandmarkt
Was nicht alle Fans von The Kiffness wissen – bevor er mit humorigen Tiervideos zum digitalen Weltstar mutierte, zeigte er sich musikalisch hochpolitisch. „Ich habe mich immer für die kleinen Leute eingesetzt und viele Entscheidungen der Regierung bekrittelt. Das hat in meiner Heimat für Wirbel gesorgt. Minister haben mich öffentlich gebrandmarkt und auf den Social-Media-Plattformen stürzte mir ein Schwall des Hasses und der Verachtung entgegen. Schlimm war es, als ich einen Song für den linken Politiker Julius Malema gemacht habe, der sich für die Unterdrückten einsetzt. Da dachte ich zuweilen, ich hätte ein Fadenkreuz auf meinem Rücken, weil mir die Regierung öffentlich ihre Abneigung ausrichtete und ich auf X (vormals Twitter – Anm. d. Verf.) zerlegt wurde. So schön Südafrika auch ist, manchmal ist es dort wie im Wilden Westen.“

Während vieler seiner Freunde bereits in andere Länder emigriert sind, bleibt Scott der Heimat nicht zuletzt auch wegen seiner Familiensituation treu. „Südafrika ist ein sehr gewalttätiges Land mit einer korrupten Regierung, aber es ist auch meine Heimat. Die Menschen hier haben sich ein hohes Maß an Resilienz zugelegt, weil man sonst nicht überlebt.“ Mittlerweile ist Scott Vater seines Sohnes Sam, wodurch sich auch sein Leben entscheidend verändert hat. „Ich bin eine sehr öffentliche Person und kann meine Familie natürlich nicht im selben Ausmaß präsentieren. Die Leute lieben es, wenn sie ein paar private Einblicke bekommen, aber man darf es nicht übertreiben und muss klare Grenzen ziehen. Im Endeffekt bin ich auch froh, dass ich erst bekannt wurde, als ich schon in meinen frühen 30ern und meine Persönlichkeit bereits entwickelt war.“

Einnahmen an Karitatives
The Kiffness setzt sich immer wieder für die LGBTQ-Community ein, hat mit Songs Geld für die Ukraine im Krieg gegen Russland gesammelt und spendet aktuell auch die Streaming-Einnahmen des „Eating The Cats“-Songs an das Tierheim „Clark County SPCA“ im amerikanischen Springfield. Offensiv politisch wie vor seinem großen Durchbruch will er heute aber nicht mehr werden. „Als Vater sehe ich die Welt heute auch aus anderen Augen. Ich bereue nichts, was ich produziert habe, aber ich mache mir definitiv viel bewusster, woran ich arbeite und was ich dann veröffentliche. Jeder Mensch verändert und entwickelt sich im Laufe des Lebens. Ich würde als Familienvater jedenfalls nicht mehr riskieren, dass sich die ganze Politik meines Landes gegen mich stellt.“

Live in der Wiener Arena
The Kiffness tritt heute Abend, 29. September, in der Wiener Arena auf. Das Konzert ist bereits seit Wochen restlos ausverkauft.

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