Guten Morgen

Blaue Republik | Grantig, feurig, angriffig

Blaue Republik. Haben Sie gestern die Elefantenrunde im ORF gesehen? Ja? Dann waren Sie nicht alleine. Vermutlich (die Zahlen liegen erst heute tagsüber vor) hat mehr als eine Million Österreicher verfolgt, wie die fünf Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien miteinander umgehen. Denn allein schon die Duelle im ORF zuvor hatten schon zwischen 560.000 und 842.000 Zuseher erreicht. Wie lässt sich dieses hohe Interesse erklären, wenn man gleichzeitig von so vielen Zeitgenossen hört, sie möchten am liebsten nichts mehr sehen und hören von der Innenpolitik. Man höre von den Kandidaten doch ohnehin immer wieder nur das Selbe. Da haben die Nicht-Zuseher ja nicht ganz unrecht. Tatsächlich sind es längst nicht nur die Inhalte, auf die jene achten, die doch einschalten.  Ihnen geht es um weit mehr: um die Mimik und Gestik, auch auf die Äußerlichkeiten wird geschaut. Was bekamen wir diesbezüglich gestern zu sehen? Einmal mehr stach ins Auge, dass bei den Outfits in diesem Wahlkampf Blau ganz eindeutig dominiert. Gestern Abend: Karl Nehammer und Andreas Babler in dunkelblauen Anzügen mit dunkelblauen Krawatten. Werner Kogler in hellblauem Anzug ohne Krawatte, nur Beate Meinl-Reisinger in grauem Hosenanzug. Herbert Kickl kam in sehr dunkelblauem (oder gar schon in einem koalitionsfreundlichen schwarzen?) Anzug mit blauer Krawatte. Selbst die beiden Moderatorinnen: blauer Hosenanzug. Ja, die Republik ist längst blau. Wenn es um das Outfit geht.

Grantig, feurig, angriffig. Wie gingen die Kandidaten gestern miteinander um? Anfangs noch recht zivilisiert, sieht man von manchen lustigen oder halblustigen Sprüchen ab – wie Werner Kogler zu Herbert Kickl und dessen „Germanen-Voodoo-Ökonomie“. Babler zu Nehammer und Kickl in Sachen Migration: „Die waren beide Innenminister und haben keine Ahnung.“ Oder wenn Bundeskanzler Nehammer den SPÖ-Kandidaten betont als „Bürgermeister Babler“ anspricht. Herbert Kickl spielte das Raubein zunächst vor allem gegenüber der Moderatorin: „Ich glaube, wir müssen mit der Wahrheit arbeiten, auch Sie Frau Schnabel!“ (in Bezug auf die Klimafrage) oder „Frau Schnabel, das ist ja wirklich Unsinn“ (zur Migrationsfrage). Auch Beate Meinl-Reisinger, die sich rundum angriffig präsentierte, attackierte Schnabel und forderte sehr energisch: „Lassen Sie mich jetzt ausreden!“ Schließlich straften die Kandidaten die Erwartung, sie würden sich in der letzten Elefantenrunde staatsmännisch präsentieren, bald Lügen. Die anfängliche Zurückhaltung ging rasch verloren. Da provoziert etwa Kickl Nehammer in der Debatte um das Raketenabwehrsystem „Sky Shield“ und den Ukraine-Krieg, dieser repliziert: „Herr Kickl: „Das ist Angstmache, das ist eine Falschinformation.“ Oder: „Sie fallen mir jedes Mal ins Wort“ (Babler zu Meinl-Reisinger). Wenn Kickl einmal mehr seine Klimawandel-Skepsis zeigt, blickt Kogler demonstrativ zum Himmel (oder in Wahrheit zur Studio-Decke). Später entwickelt sich ein heftiges Scharmützel rund um den Ukraine-Krieg zwischen Kickl und Kogler. In der Koalitionsfrage wirft Kickl Nehammer vor, er habe sich wegen seiner Ablehnung einer Koalition mit dem aktuellen FPÖ-Chef „gegen die Bevölkerung verschworen“. Nehammer darauf zu Kickl: „Sie schmeißen viele Stücke in die Runde, vieles ist nicht wahr“, aber auch: „manches ist wahr“. Als dann endlich Babler und Kogler wieder zu Wort kommen, feuert ein grantiger Babler: „Vielen Dank, dass wir auch noch eine Chance bei dem Paarlauf heute Abend bekommen.“ Achja, und haben wir Zuseher die Chance gehabt, inhaltlich Neues erfahren? Simple Antwort: Nein.

Kommen Sie gut durch den Freitag!

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