Sonntag waren beim Wiener Derby auch Hooligans aus Deutschland und der Slowakei im Stadion. Sie mischten bei den Ausschreitungen voll mit. Der Sportsoziologe Otmar Weiß von der Universität Wien sagt über sie: „Das sind meistens Menschen aus völlig desolaten Familienverhältnissen. Gewalt ist die einzige Sprache, die sie verstehen.“
Weiß betont: „Diese Menschen wuchsen nur mit Gewalt auf. Sie wurden damit sozialisiert, sind ständig auf der Suche nach Plätzen, wo sie dieses Gewaltbedürfnis ausleben können. Das Fußballstadion ist ein perfekter Ort für sich. Der Sport interessiert sie dabei überhaupt nicht. Solche „Fans“ dürfen nicht in ein Stadion kommen, müssen aus dem Verkehr gezogen werden.“
Warum der Fußball gerade auf Jugendliche aus unteren Gesellschaftsschichten eine enorme Anziehungskraft hat, erklärt der 71-Jährige so: „Jeder Jugendliche ist auf der Suche nach seiner Identität. Viele von ihnen haben in ihren Familien aber zu wenig Liebe und zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. So schreien viele nach Anerkennung. Diese bekommen sie in einer Fangruppe. Dort gibt es eine Gemeinschaft, einen eigenen Jargon und eigene Kleidung.“
„Viele genießen die negative Aufmerksamkeit“
Der Universitätsprofessor hält fest: „Viele Jugendliche und auch Erwachsene finden beim Fußball in Fangruppen familiären und sozialen Ersatz. Dabei heben sie sich bewusst von der Normalität ab. Sie genießen die negative Aufmerksamkeit, die sie von Medien und der Polizei bekommen.“
„Es gibt nichts Schöneres als einen Sieg auf Fair-Play-Basis“
Im Vergleich zu Hooligans sind diese Fans aber viel weniger gefährlich. Weiß sagt: „Aber es bedarf trotzdem ständiger Kommunikation mit ihnen. Da müssen Rapid und Austria noch mehr investieren als bisher. Dieser Dialog ist harte Arbeit. Das höchste Ziel wäre die Verinnerlichung des Fairplay-Prinzips. Es gibt im Sport nichts Schöneres als einen Sieg auf der Basis von Fair Play.“
Der Universitätsprofessor nimmt auch die Politik in die Pflicht: „Sie muss endlich mehr für Kinder und Jugendliche machen. Das Wichtigste ist eine Bildungsreform, die seit 30 Jahren überfällig ist. Das Defizit an Bildung macht viele Jugendliche chancenlos. Das führt zu Frust und Aggressionen. Das ist alles nicht neu, weiß man schon lange.“
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