40 Jahre Polizist

„Gewalt in Familie verfolgte mich in Feierabend“

Tirol
28.09.2024 06:00

Nach 40 Jahren geht Christian Krug als Kommandant der Polizei Kössen in den Ruhestand. Der 60-Jährige spricht über Gewalt im Privaten, wie ihn das Hochwasser 2013 privat und beruflich traf und wann es für ihn selbst gefährlich wurde.

Der 4. September war der letzte Arbeitstag von Christian Krug auf der Polizeiinspektion Kössen, große Wehmut oder Freude konnten wegen einer Reihe von Einsätzen erst gar nicht aufkommen. Den Resturlaub bis Monatsende nutzte er für einen Kurs als Aufsichtsfischer beim Fischereiverband, daher trafen wir den Vater zweier Töchter in Innsbruck.

„Krone“: Herr Krug, mit welcher Motivation traten Sie im September 1982 die Polizeiausbildung in Absam an?
Christian Krug: Ich war Freiwilliger bei der Rettung, hatte bei Einsätzen mit der Polizei zu tun. Professionelle Hilfe, dazu der menschliche Aspekt, das gefiel mir.

. . . bis Sie eine ungewöhnliche Aufgabe lockte?
Ja, ich wurde Flugsicherungshilfsorgan am Flugplatz St. Johann, das machte damals die Polizei. Da agiert man wie ein kleiner Flughafen-Tower, wickelt zum Beispiel den Funkverkehr mit den Piloten ab.

Christian Krug als Postenkommandant, in Kitzbühel war er in mehreren Inspektionen tätig. (Bild: zoom.tirol)
Christian Krug als Postenkommandant, in Kitzbühel war er in mehreren Inspektionen tätig.

Zurück im Normaldienst, welche Herausforderungen gab es in einem Tiroler Bezirk?
Im Dorf ist man Ansprechperson für alles. In Städten gibt es ja Ämter, soziale Hilfseinrichtungen oder NGO’s. Vor allem auf die Gewalt in Familien habe ich mich spezialisiert, da war ich Ausbildner und mit landesweiten Gewaltschutzeinrichtungen vernetzt.“

Zitat Icon

Ich bin immer wieder in zivil zu den Familien gegangen – für Einzelgespräche und weil Zuhören das Wichtigste ist.

Christian Krug

Ihre prägenden Erfahrungen in diesem heiklen Bereich?
Gewalt in Familien verfolgte mich manchmal auch nach dem Feierabend. Ich bin immer wieder in zivil zu den Familien gegangen – für Einzelgespräche und weil Zuhören das Wichtigste ist. Und ja, mancher Familienvater hat bei solchen Gesprächen erkannt, was er täglich daheim anrichtet.

Ist das trotzdem ein Kampf gegen Windmühlen?
Es gab tolle Lichtblicke. Bei einem Fest stürmte ein 13-jähriges Mädchen freudig auf mich zu und bedankte sich, mein Kollege schaute ganz verwundert. Der Vater dieser Schülerin war meine erste Wegweisung, das Gesetz war gerade in Kraft getreten.

Beim Hochwasser in Kössen war Krug privat und beruflich betroffen. (Bild: ZOOM-TIROL)
Beim Hochwasser in Kössen war Krug privat und beruflich betroffen.

Sie haben 20 Jahre als Kommandant in Kössen gearbeitet, also fiel auch das Hochwasser 2013 in Ihre Ära?
Das traf mich privat und beruflich. Wir haben am Abend des 1. Juni noch Sachen aus dem Keller in das Fischereigeschäft meiner Frau geräumt. Letztlich war auch der Laden überflutet und unsere zwei Autos zerstört. 36 Stunden nonstop war ich dann im Dienst, zunächst konnte keine Verstärkung von außen kommen. Ich ging dann mit einem geliehenen Hund Streife, um Plünderungen vorzubeugen. In Erinnerung bleibt der enorme Zusammenhalt.

40 Jahre an täglichen Brennpunkten – gerät man da auch selbst in Gefahr?Einmal musste ich – allein, wie es damals üblich war – zu einer randalierenden Person ins Spital. Dank meiner Ausbildung konnte ich die Boxhiebe abwehren, ein hinzukommender Kollege trug aber einen dauerhaften Augenschaden davon. Und erst im Vorjahr wurde ich von einem 81-jährigen Schwarzfahrer in Kössen mitgeschleift – Resultat war ein lädierter Arm.

Einsatz bei einem Radrennen in den 1990ern, da griff der Polizist selbst zum Drahtesel. (Bild: zVg)
Einsatz bei einem Radrennen in den 1990ern, da griff der Polizist selbst zum Drahtesel.

Welches Motto haben Sie in solchen Situationen?
Generell geht es um deeskalieren, nicht immer sofort durchsetzen. Polizisten sind Dienstleister, auch wenn sie nicht immer bestellt werden.

Würden Sie einem jungen Menschen den Polizeiberuf empfehlen?
In der Familie scheint das geklappt zu haben (lacht), denn Tochter, Stieftochter, Schwiegersohn und zwei Neffen sind ebenfalls Polizisten. Generell ist es spannend, wenn man zu Dienstbeginn nicht weiß, was einen erwartet. Bei mir ist zwar Wehmut dabei, doch viele Neuerungen zuletzt waren fordernd. Ich habe mich mit dem Abschied gut angefreundet.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Tirol



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt