Was ist „ruhig“? Ruhiger Wahlkampf? Davon ist in den Bilanzen knapp vor dem Urnengang am Sonntag jetzt häufig die Rede. Aber wie definiert man nun einen „ruhigen“ Wahlkampf? Es ist natürlich alles relativ: Wenn man – wie es viele offenbar getan haben – die „Mutter aller Schlachten“ erwartet hat, dann hat sich diese Prognose nicht erfüllt. Nein, überwiegend haben sich die Spitzenkandidaten in der Öffentlichkeit besser benommen als etwa im Parlament, wo man sich an Geschmacklosigkeiten, Gemeinheiten und Rüpeleien in einem immerwährenden Niveau-Limbo zu unterbieten versucht. Aber andererseits: Gab es in all den TV-Duellen und TV-Elefantenrunden irgendjemandem zu wenige Attacken, zu wenige An- und Untergriffe? Im ORF-Duell zwischen Babler und Nehammer ließ sich sogar der Bundeskanzler so sehr provozieren, dass man einander schließlich auf den verschiedensten Ebenen ankeifte. Dabei standen da zwei mutmaßliche Koalitionspartner vor dem Publikum. Ruhig – ja, das ist eben relativ.
Beunruhigend.„Euer Wille geschehe“ hat Herbert Kickl plakatieren lassen und sich damit von vielen kirchlichen Seiten Schelte geholt. Und wo findet die Abschlusskundgebung der immer noch in allen Umfragen führenden Freiheitlichen statt? Ausgerechnet am Stephansplatz, vor Österreichs größter und wichtigster Kirche. Ich habe vorbeigeschaut. Und glauben Sie mir: Als „ruhig“ kann man den Wahlkampf-Abschluss der Blauen nicht bezeichnen… Da wurde noch einmal ordentlich reingeholzt. Was wir in diesem vermeintlich „ruhigen“ Wahlkampf sonst noch erlebt haben: unversöhnliche Positionen, aber vor allem unversöhnliche Personen. So als hätten wir ein britisches oder gar amerikanisches Persönlichkeitswahlrecht. Aber bei unserem Verhältniswahlrecht gilt eben kein „Er (Sie) oder ich“, sondern ein Miteinander, wenn man nicht eine absolute Mehrheit erreicht (und die gab es hierzulande zuletzt vor 45 Jahren). So läuft es jetzt auf eine 2er- oder gar 3-er-Koalition hinaus. Also werden zwei bis drei dieser Spitzenkandidaten, die sichtlich kaum bis gar nicht miteinander können, fünf Jahre miteinander zum Wohl des Landes zusammenarbeiten müssen. Irgendwie beunruhigend.
Kommen Sie gut durch den Samstag!
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