Feuerwalze in Nahost
Die Entschlossenheit Israels wurde unterschätzt
Ein Experte der Friedrich-Ebert-Stiftung sieht den Krieg „bereits im Libanon angekommen.“ Ob die Lage im ganzen Nahen Osten explodiert, bleibt noch abzuwarten. Israel geht weiter entschlossen gegen seine Feinde vor. Der Iran warnt, zögert aber vor einer Reaktion.
Ist das nun der Vorabend für den großen Krieg im Nahen Osten? „Hassan Nasrallah war unser Osama Bin Laden mal zehn. Mehr als dreißig Jahre lang tötete er unsere Zivilisten, während er anderen Terrororganisationen zugleich half, besser darin zu werden, uns zu töten“, schrieb Nadav Pollak, Dozent an der israelischen Reichman-Universität über den Tod des Hisbollah-Chefs durch einen israelischen Luftangriff in der libanesischen Hauptstadt Beirut.
Nasrallahs Tod trifft auch Iran schwer
Für die Feinde Israels ein schwerer Schlag. Allen voran für den Iran, der die Gründung der Hisbollah 1982 initiiert hatte. „Alle sollten sich bewusst sein, dass die Lage äußerst explosiv und jederzeit alles möglich ist. Auch ein Krieg“, warnte Irans Außenminister Abbas Araqchi.
Marcus Schneider, Nahost-Experte der Friedrich-Ebert-Stiftung, differenziert. Der Krieg, der schon da ist, ist der Libanon-Krieg. „Mit der Ausschaltung Nasrallahs ist man den Schritt in die endgültige Eskalation gegangen. Das ist auch mit Diplomatie nicht mehr aufzuhalten.“
Bodenoffensive wahrscheinlich
Der Experte vermutet, dass Israel bald eine Bodenoffensive starten wird, die jener im Gazastreifen ähneln wird. Eine sicherheitspolitische Notwendigkeit. Zehntausende Israelis mussten den Norden des Landes zur Grenze des Libanon wegen des andauernden Beschusses durch die Hisbollah verlassen. Israel wird wohl den Südlibanon in Besitz nehmen, so Schneider, um eine sichere Pufferzone für die Bewohner im Norden Israels zu schaffen.
Warum ist eine Bodenoffensive nötig? Nur aus der Luft kann die Hisbollah nicht besiegt werden. Das Gebiet im Süden ist durchsetzt von Tunneln und militärischer Infrastruktur, die nur vom Boden aus zerstört werden kann. Das könnte aber auch das Kalkül der Hisbollah und des Iran sein: Ihre Kämpfer kennen das Gebiet wie ihre Westentasche, Israels Armee hat sich zwar auf diesen Krieg seit 2006 vorbereitet, betritt aber dennoch fremdes Territorium. Und der Iran könnte über das angrenzende Syrien Milizen ins Land zur Verstärkung schicken.
„Der Iran will den Konflikt heiß halten, aber nicht, dass ein Feuer ausbricht“, so Schneider. Bei einem großen Krieg steht auch die Zukunft des Regimes auf dem Spiel. Vor einigen Wochen sah es noch so aus, als habe der Iran alle Trumpfkarten in der Hand. Die Hamas hielt Israel auf Trab, das Land stand wegen des Gaza-Kriegs in der Kritik. Auch von engen Verbündeten wie den USA.
Und jetzt? Israel ist es binnen weniger Wochen gelungen, nicht nur die Hamas militärisch zu besiegen, sondern auch die Hisbollah „auseinanderzunehmen wie ein Raubtier seine Beute“, wie es dazu auf CNN hieß.
Israel wurde eindeutig unterschätzt
„Mit diesen Schlägen hat keiner gerechnet“, sagt Schneider. Die Verbündeten des Iran fordern eine Reaktion. Teheran zögert. Inzwischen nimmt Israel mit den Huthis das nächste Mitglied der „Achse des Widerstands“ ins Visier. Die Luftwaffe hat mit Dutzenden Kampfflugzeugen militärische Ziele der Rebellen im Jemen angegriffen.
Israel habe man in seiner Entschlossenheit wohl unterschätzt. Und die sogenannte „Achse des Widerstands“ überschätzt.
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