Schau im GrazMuseum

Die Polizei, dein Freund und Hitlers braver Helfer

Steiermark
01.10.2024 16:00

Erst vor wenigen Jahren wurde die Rolle der österreichischen Polizei in der NS-Zeit umfassend historisch aufgearbeitet. Teil dieser Aufarbeitung ist auch die sehenswerte Wanderausstellung „Hitlers Exekutive“, die nun bis März im GrazMuseum zu sehen ist. 

Noch bis vor wenigen Jahren war die Rolle der Polizei in der NS-Zeit in Österreich wissenschaftlich so gut wie unerforscht. Erst vor drei Jahren beauftragte das Innenministerium das Grazer Ludwig-Bolzmann-Institut mit einer umfassenden Studie, die nun auch die Grundlage für die Ausstellung „Hitlers Exekutive“ im GrazMuseum ist.

Freude, Gehorsam oder Widerstand?
„Mit dem Anschluss im Jahr 1938 stellte sich für viele Polizisten die Frage, wie sie mit den neuen Machthabern umgehen“, sagt Studienleiterin Barbara Stelzl-Marx. Jüdische Kollegen wurden sofort aus dem Dienst entfernt, ebenso Verfechter des Dollfuß-Regimes. Zugleich stolperten Kollegen, die schon vor dem Anschluss (illegale) Anhänger der NS-Ideologie waren, auf der Karriereleiter oft nach oben. „Rund ein Drittel der steirischen Polizisten trat in die NSDAP ein - manche aus Überzeugung, andere nur um ihren Job behalten zu können. Genau kann man das oft nicht sagen“, sagt Stelzl-Marx.

Oberstleutnant Gernot Sattler (LPD Steiermark), Studienautorin Barbara Stelzl-Marx, GrazMuseum-Chefin Sibylle Dienesch und Ausstellungskuratorin Martina Zerovnik bei der Eröffnung der Schau (Bild: Christoph Hartner)
Oberstleutnant Gernot Sattler (LPD Steiermark), Studienautorin Barbara Stelzl-Marx, GrazMuseum-Chefin Sibylle Dienesch und Ausstellungskuratorin Martina Zerovnik bei der Eröffnung der Schau

Doch welche Aufgaben erfüllten Polizisten eigentlich? Einerseits spielten sie in Österreich eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung und Aufrechterhaltung der NS-Herrschaft, kurz: Die Polizei verfolgte, inhaftierte und tötete Menschen, die das Regime als Gegner betrachtete. Allein im Gefangenenhaus am Grazer Paulustor wurden bis Kriegsende rund 47.000 Personen inhaftiert, misshandelt und gefoltert – gut die Hälfte davon wurde in KZ und andere Lager weitertransportiert.

Die Polizeidirektion am Paulustor in Graz (Bild: Andorfer Nachlass, Graz Museum)
Die Polizeidirektion am Paulustor in Graz

Viele Polizisten und Gendarmen wurden aber auch zu Einsätzen im Ausland, an der Front, oder in diversen Lagern abberufen. Gustav Schwarzenegger, Vater von Hollywood-Star Arnold, war einer von ihnen. Er trat in die NSDAP ein, begleitete als Feldgendarm den Überfall auf Polen, war später auch in Frankreich und Russland, ehe er 1944 in die Heimat zurückbeordert wurde. „Nach dem Krieg leugnete er seine NSDAP-Mitgliedschaft und verblieb als unbelastet bei der Bundesgendarmerie“, erzählt Ausstellungskuratorin Martina Zerovnik.

Wie umgehen mit belasteten Gendarmen nach 1945?
Ganz generell ist die Frage, wie mit belasteten Gendarmen nach 1945 umgegangen wurde, sehr spannend: Führende Beamte wurden von den Alliierten festgenommen, angeklagt und teilweise auch zum Tode verurteilt: „Wer von niedrigerem Rang war, wurde 1945 zwar dienstfrei gestellt, viele kehrten spätestens ab der Amnestie von 1955 aber wieder in den Dienst zurück“, weiß Zerovnik.

Feldwebel Gustav Schwarzenegger (Bild: Österreichisches Staatsarchiv)
Feldwebel Gustav Schwarzenegger

Anhand von unzähligen Biografien und historischen Tafeln arbeitet diese Schau nicht nur die Fakten der neuen Studie auf, sondern stellt auch für heute wichtige Fragen? Wie viel Handlungsspielraum hatten Polizisten damals? Konnten die sich wirklich nur stumm fügen und die befohlenen Verbrechen verüben? Oder war das eine willkommene Rechtfertigung nach dem Krieg? Und wo liegen eigentlich die Grenzen des Gehorsams? Bis 5. März 2025 kann man sich diesen Fragen in der Ausstellung „Hitlers Exekutive“ stellen.

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