Für den Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) hat sich die vernichtende Kritik des Stadtrechnungshofs an Gangbetten und Personalmangel größtenteils von selbst erledigt, da das vor allem an der Patientenzahl in der Covid-Pandemie gelegen habe. Ein wackeliges Argument, wie der Blick auf die Daten zeigt.
Unbesetzte Stellen, Gangbetten, Gefährdungsmeldungen und ausufernde Fehlzeiten – der Stadtrechnungshof fand wenig Positives in seinem jüngsten Bericht über die Wigev-Spitäler in den Jahren von 2018 bis 2022. Dass der Prüfungszeitraum mit dem 31. Dezember 2022 endete, ist für den Wiener Spitalserhalter auch das Hauptargument gegen die Kritik. Der Bericht beziehe sich „größtenteils auf den Zeitraum während der Pandemie“ und somit einen Ausnahmefall, so Michael Binder, ärztlicher Direktor des Wigev.
2136 Fälle aufgelistet
Besonders 2022 sei die Belastung durch die Corona-Pandemie für die Wiener Krankenanstalten extrem hoch gewesen, sagt der Wigev. Vor allem in diesem Jahr fand laut den Rechnungshof-Zählungen geradezu eine Explosion bei den Gangbetten-Zahlen statt: 2136 Fälle, in denen Patienten in Wien länger als 12 Stunden in einem Gangbett zubringen mussten, werden aufgelistet, in 820 Fällen sogar länger als 24 Stunden. Mehr als neun Zehntel davon entfallen auf die Kliniken Donaustadt und Ottakring.
Aus heutiger Sicht, im Jahr 2024, hat sich die Situation in den Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes seit den Pandemiejahren deutlich verbessert.
Michael Binder, ärztlicher Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes
Bild: APA/HERBERT NEUBAUER
Tatsächlich belastete die Covid-Welle im Herbst und Winter 2022 die Wiener Spitäler massiv. Ein Spitzenwert wurde am 30. November mit 560 Patienten mit Covid erreicht. Aber: In den Jahren davor lagen die Werte zum Teil weit höher. Während der Infektionswellen in den Jahren 2020 und 2021 wurden kaum je weniger als 700 Covid-Patienten in Wiens Spitälern behandelt. Und zugleich betrug die Zahl der Gangbetten weniger als ein Viertel der Werte aus dem Jahr 2022.
Rechnungshof sieht Personalmangel als Grund
Unter den relativen Spitzenreitern bei den Gangbetten waren zudem auch Stationen, die schwerlich als Corona-Hotspots gewertet werden können, etwa die Unfallchirurgie in Ottakring und die Orthopädie in der Klinik Donaustadt. Für den Rechnungshof liegt der Fall einigermaßen klar: An der Misere war nicht so sehr die Pandemie schuld, sondern die Reduktion des systemisierten Bettenstands um 2,7 Prozent, und noch dazu Bettensperren aufgrund von Personalmangel.
Auf die Wunde des Personalmangels in den Spitälern legt der Rechnungshof den Finger nur sanft. Zwar wird festgehalten, dass Ende 2022 fünf Prozent aller ärztlichen Stellen und sieben Prozent aller Pflege-Stellen im Wigev unbesetzt waren und es „eine erfolgreiche Rekrutierung und langfristige Bindung von ärztlichem und pflegerischem Personal brauche“ – aber aus Sicht der Prüfer könne man auch genug tun, bis solche Maßnahmen nachhaltigen Erfolg zeigen.
Prüfer mahnen mehr Flexibilität ein
Der Rechnungshof kritisiert vor allem mangelnde Flexibilität in der Personalverwaltung beim Wigev. Das Management von Fehlzeiten beruhe vor allem auf starr vorab geschätzten Ausfällen, außerdem gebe es kaum Ausgleich innerhalb des Spitalsverbands, also wenn gerade in einem Spital genug Personal zur Verfügung steht, in einem anderen aber zur selben Zeit Ausnahmesituation herrscht. Das gelte auch für nicht-medizinisches Personal, so der Rechnungshof unter Verweis auf Verwaltungskräfte.
Gerade bei diesen Kritikpunkten fällt die Stellungnahme des Wigev im Rechnungshof-Bericht relativ kleinlaut aus. Zum Mangel bei Stationssekretärinnen räumt er etwa ein: „Der Gesundheitsverbund erkennt an, dass organisatorische Maßnahmen zur Sicherstellung der Vertretung unerlässlich sind.“ Dazu habe man Maßnahmen „geplant“. In der öffentlichen Reaktion auf den Rechnungshofbericht verweist der Wigev demgegenüber vor allem auf derzeit über 1000 freie Betten in Wiens Spitälern. Aber der Höhepunkt der herbstlichen Virusinfektionen steht ja auch noch bevor.
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